Vom Waldviertel nach Bulawayo und zurück

Eine Gruppe von Schauspieler:innen in Overalls und Gummistiefeln tanzt auf einer Bühne.
"Mein Bauernhof", die letzte Inszenierung des scheidenden Dschungel-Wien-Direktors Stephan Rabl, schlägt mit IYASA eine Brücke vom elterlichen Bauernhof nach Simbabwe.

Selbst bei offenen Augen vermeinst du, vor dir auf der Bühne ganz echte, lebendige Hühner jedenfalls zu hören und fast auch zu sehen. Oder Kühe. Dabei handelt es sich „nur“ um Menschen, geniale, energiegeladene Schauspieler_innen, Tänzer_innen und Musiker_innen. Sie, das sind acht Künstler_innen von IAYSA (Inkululeko Yabatsha School of Arts /„Freiheit für junge Menschen – Kunstschule“) aus Simbabwe. Seit mehr als einem Dutzend Jahren besteht die künstlerische Brücke zwischen dem Dschungel Wien und IYASA, initiiert von Stephan Rabl, dem scheidenden Intendanten dieses Theaterhauses für junges Publikum im Wiener MuseumsQuartier. „Mein Bauernhof“ ist seine letzte eigene Inszenierung.

Wechselspiel

Eine Theaterszene mit mehreren Darstellern, die mit Schubkarren und Erde interagieren.
Szenenfoto aus "Mein Bauernhof" von Dschungel Wien und IYASA (Simbabwe)
Für die griff er in die Erinnerung seiner Kindheit auf einem Bauernhof im Waldviertel. Und die verknüpfte er mit Erlebnissen und Erfahrungen mehrfacher Aufenthalte bei IYASA in Simbabwe. Hautnaher Bezug zu Tieren und ihren sowie anderen landwirtschaftlichen Produkten. Und so entstand im Wechselspiel zwischen dem Waldviertel, Wien und der Gegend um Bulawayo in Simbabwe diese sehr rhythmische, musikalische, atmosphärische, mitreißende Produktion.

Gegenstände "belebt"

Mehrere Personen sitzen in und unter stilisierten Hausrahmen auf einer Bühne.
Szenenfoto aus "Mein Bauernhof" von Dschungel Wien und IYASA (Simbabwe)
Auf einer mit hell- und dunkelgrünen Tanzbodenstreifen ausgelegten Bühne stehen anfangs acht quadratische Tische im Raum verteilt. Am Bühnenrand vor dem Publikum liegen schwarz umrandete rote Dreiecke.. Irgendwo in Ecken stehen Stapel hölzernen alter Obstkisten. Das war‘s dann auch schon mehr oder minder. All diese wenigen Dinge werden von den nun herein kommenden acht Künstler_innen vielfach und unterschiedlichst „belebt“ – sei es dass die Tisch- zu Trommelflächen für metallene Sticks oder Turnflächen für akrobatische Einlagen werden.

Die Tische und die angesprochenen Dreiecke werden dazwischen auch schon einmal zu Häusern, Ställen oder einem Glockenturm zusammen gebaut. Aber das ist eher Nebensache. Hauptsache sind Schauspiel, Tanz, Musik und – nicht zuletzt – der Gesang. Traumhafte Stimmen und mit einer gewaltigen Kraft, die hin und wieder fast den großen Saal des Theaterhauses zu sprengen droht.

Gumboot - Schuachplattln

Eine Gruppe von Schauspieler:innen steht barfuß auf Holzkisten auf einer Bühne.
Szenenfoto aus "Mein Bauernhof" von Dschungel Wien und IYASA (Simbabwe)
Nicht nur die in Bewegungen, Mimik und vor allem Stimmen dargestellten Bauernhoftiere lassen die Grenzen zwischen Nord und Süd verschwinden, auch der traditionell aus Südafrika stammende Gum-Boot-Dance (Gummistiefel-Tanz) erinnert in so manchen Moves und Sounds an Schuachplattln aus heimischen Gefilden.
Wie auf einem Bauernhof in der Regel möglichst viel (wieder) verwertet wird, so hat Stephan Rabl, der die Idee zu „Mein Bauernhof“ hatte und auch Regie führte, für sein letztens Dschungel-Stück im Fundus früherer Stücke gestöbert – die Tische sind aus „Geheime Welten“, die weißen Schubkarren, auf denen hier balancierend getanzt und vieles andere wird, aus „Überraschung“.

Weltrettung/Lichtblicke

Zwei Frauen arbeiten im Garten und pflanzen Gemüse.
Szenenfoto aus "Mein Bauernhof" von Dschungel Wien und IYASA (Simbabwe)
Vielleicht ein bisschen gewöhnungsbedürftig wirkt die gegen Ende angestimmte Michael-Jackson-Hymne „heal the world“, wenngleich sie auch mit einem Schuss Selbstironie intoniert wird. Irgendwie aber schlägt sie auch eine Brücke – zum Anliegen der Gruppe. Über die Abkürzung hinaus bedeutet das Wort IYASA in der Sprache Ndebele (eine der großen Sprachen Simbabwes, eine Tochtersprache des südafrikanischen Zulu) „Sonnenaufgang“. IYASA wollen Lichtblicke und Möglichkeiten für junge Künstler_innen schaffen.
Mehrere Personen mit orangefarbenen Handschuhen auf dem Kopf sitzen oder stehen in Schubkarren auf einer Bühne.
Szenenfoto aus "Mein Bauernhof" von Dschungel Wien und IYASA (Simbabwe)
Mein Bauernhof
Dschungel Wien & IYASA ( Simbabwe)
Musiktheater, ab 4 Jahren, ca. eine Stunde

Konzept, Regie: Stephan Rabl
Musikalische Leitung: Innocent Nkululenko Dube
Darsteller_innen: Alice Gurure, Cheryl Mabaya, Sithembeni Buhlenkosi Sibanda, Sibonisiwe Sithole, Thembinkosi Dube, Lameck Keswa, Roben Mlauzi, Bekithemba Phiri

Wann und wo?
Bis 9. Juni
Dschungel Wien
1070, MuseumsQuartier
Telefon: 01 522 07 20-20
www.dschungelwien.at

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