"Mitten unter Leuten, trotzdem verbannt"
Zwischen Coverversionen der weltberühmten Queneens-Songs „We will rock you!“ und „We are the champions!“ - performt von allen Mitwirkenden - präsentierten die singenden Jugendlichen einzeln oder in Duos bzw. Trios Songs und Raps (so manche Coverversion bekannter Hits, aber auch eigene Texte und Kompositionen. „United Allstars OTK“ nannte sich der Abend in der Jugendzone 16. (Für Nicht-Wiener_innen: OTK steht für Ottakring, so heißt der 16. Gemeindebezirk der Bundeshauptstadt.)
Mama und Erinnerung
Kurz vor Beginn noch große Hektik, Betreuerinnen und Betreuer des Jugendzentrums sind ständig auf der Suche, mal fehlt die eine, mal der andere. Die Nervosität der Jugendlichen ist groß, für praktisch alle ist es das erste Mal auf einer doch relativ großen Bühne vor einem voll besetzten Saal. So groß, dass gleich der erste Solist mitten drin das Handtuch werfen will, Mikro weglegt und die Bühne verlässt. Aber seine Kumpels – und der ganze Saal bewegen ihn, es noch mal zu probieren. Als Stütze nimmt sich Turpal den Zettel mit seinem selbst geschriebenen Liebeslied an – nicht nur seine – Mutter mit. Er setzt nochmals an – Jubel brandet auf und trägt ihn durch den Rap „für alle Mütter“. „Mama, egal was für Fehler ich hatte, du hast mir verzieh'n/Ich wünschte, ich könnte mehr tun als dich zu lieben!.... Ich habe keine Angst, weil ich weiß, dass du im Herzen da bist...“
Der 16-jährige schreibt, wie er in einer Pause dem KiKu erzählt, „seit ungefähr zwei Jahren eigene Texte. Ich hab gern Bushido gehört und dann hab ich's halt selber auch probiert. Ich hab aber vieles auch weggeschmissen, weil's mir dann doch nicht so gut gefallen hat“, gesteht er. Jene Raps, mit denen er zufrieden war, „hab ich dann schon, aber nur ein paar Freunden vorgesungen, das hier auf der Bühne ist ….“ - und schon beim Reden drüber ist wieder die Nervosität zu spüren, die ihn beim zweiten Auftritt knapp vor dem Ende der Show mit „Erinnerung“ an eine vermeintlich große Liebe wieder packt, aber diesmal übertauchen lässt.
12-jährige Rapperin!
Eine der Jüngsten im Programm ist die 12-jährige Rapperin MC Damla. Wie auch einige ihrer rappenden männlichen Kollegen hat sie sich „Lebens auf der Straße“ angenommen, allerdings weniger dem ausgedachten, kriminellen, harten Gang-Dasein, sondern dem eines obdachlosen Menschen, landläufig „Sandler“ genannt. „Ich dachte mir, das sind Menschen, die man oft sieht, die da sind und doch Außenseiter. In ihren Lyrics liest sich das so: „er sitzt mitten unter Leuten und ist trotzdem verbannt. Sein Leben ist verdammt...“ Vor rund zwei Jahren, also bereits „mit zehn Jahren hab ich zu rappen angefangen, zuerst nur von anderen Texte auswendig gelernt und dann auch begonnen, eigene Texte zu schreiben. Bisher hab ich aber nur zu Hause vor meinen Eltern gerappt. Die haben's gut gefunden und so hab ich mich auch getraut, hier mit zu machen.“
Obdachlosigkeit sei ihr als ein wichtiges Thema des Lebens auf der Straße vorgekommen, und um das geht’s ja in vielen Raps. Aus Beobachtung und Medien hat sie die Bestandteile für die Beschreibung zusammen getragen, „selber mit einem Obdachlosen hab ich mich nicht zu reden getraut“, gesteht sie dem KiKu.
Blutsbrüder
„Unsere Geschichte ist echt“, beginnen Okan und Okan, die sich groß „Alphatiere“ nennen und „Blutsbrüder“ rappen. „Wir sind jetzt wirklich Blutsbrüder, seit 10. Oktober. Drum musste das Datum 10.10. auch drin vorkommen. Wir haben uns schon lange gekannt aus dem Park aber vor so zwei bis drei Jahren ur-gestritten und dann waren wir fast verfeindet. Dann sind wir im Herbst wieder zusammen gekommen und echte Freunde geworden, das war uns noch zu wenig und drum sind wir Blutsbrüder geworden, echt.“ Am meisten nerven sie falsche Freunde. „Verrat unter Freunden ist wahres Gift...“ Bis sie ihren Text so hatten, dass sie zufreiden waren, „haben wir schon so ungefähr zehn Zettel mit Notizen voll geschrieben, aber so schwierig war's auch wieder nicht!“, erinnern sie sich an die Entstehungsphase ihres Raps.
Übertreibung
Olcan und Fırat be-rappen das Leben auf der Straße, warnen vor Gefängnis, „weil die heutige Jugend schon viel Blödsinn macht“, wie Olcan meint, dann aber auf Nachfrage doch zugibt, „naja, ein bissl Härte und Übertreibung gehört zum Rappen“. Weniger die Warnungen vor Betrug und falschen Freunden – wer hätte damit nicht schon leidvolle Erfahrung gemacht.
Fotos aller Auftretenden findest du in der Bilderstrecke!
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