Dressur, Freiheit oder Ausweg?

In einem schwarz-weiß-gestreiften hautengen Anzug statt in seinem Affenfell hält Benjamin Vanyek im kleinen, feinen, engagierten Ateliertheater in der Wiener Burggasse Franz Kafkas „Bericht für eine Akademie“. Manchmal entkommt dem Solo-Schauspieler, der gekonnt auf der Klaviatur zwischen dem zum Menschen erzogenen Affen Rotpeter und der Satire auf den Assimilations-Prozess spielt, ein fast überhörbares „K“ vor „Akademie“.

Der junge Bühnenakteur freut sich sichtlich – selbst wenn der kleine Saal des ehemaligen Kinos bei weitem nicht gefüllt ist – verschiedenste Stimmungen und Gefühle glaubwürdig darstellen zu können, sich austoben zu dürfen: Mal fast melancholisch-nostalgisch an die vormalige animalische Existenz erinnernd, mal eloquent den Vortrag haltend, mal zweifelnd reflektierend, was mit ihm passiert ist, mal verwundert über der Menschen Ansinnen ihm um jeden Preis das Schnaps-trinken beibringen zu wollen, und immer wieder gedanklich suchend, ob er Freiheit oder nur einen Ausweg finden will.

Und wer will kann den fast 100 Jahre alten Text von Franz Kafka durchaus als kritischen Beitrag zur Bildungsdebatte verstehen, in dem es etwa mehr um Inhalte wie Dressur oder Freiheit geht als bei der Diskussion um zwei Stunden oder Zentralmatura.

Erstveröffentlichung: 9. Mai 2015