19 Jahre Einsamkeit

Dieses Stück endet wie es beginnt: Die 19-jährige Nico steht vor einem Reihenhaus und überlegt, ob sie die Klingel drücken soll. Die mit dem Namen ihres Vaters. Gekommen ist sie, um ihn kennen zu lernen. Noch nie hat sie ihn gesehen. So weit sie weiß, weiß er gar nichts von ihrer Existenz. Wei wird das sein – das erste zusammentreffen? Wie wird er sein? Obwohl sie sich vorgenommen hat, sich kein Bild von ihm zu machen, zischen natürlich Hunderte mögliche Bilder durch den Kopf. Wird sie überhaupt anläuten? Das bleibt auch am Ende von "8 Väter" der Theatergruppe des Wiener AlternativenLernzentrums W@lz offen.
Alle neeeeeeeeeeeeerven
Dazwischen mehr als eine Stunde Rückblenden auf ihr bisheriges Leben. Ein ziemlich einsames, auch wenn Mama Rosa tut als würde sie sie mit Liebe überschütten. So richtig Wärme, Herzlichkeit kommt nie auf. Dafür viel Nerviges. Gitarre spielen – darf Nico nicht, das erinnert ihre Mutter an den Erzeuger, der sie sitzen gelassen – oder den sie vielleicht sogar vertrieben hat. Ein späterer Lebensgefährte Rosas, Marudur, wird auch nur vorübergehend eine Bezugsperson, die aus dieser Beziehung stammende Halbschwester Shanti, genannt Terror-Prinzessin, neeeeervt. Selbst ihre eigene Romanze mit dem Sohn der Gastfamilie in den USA – schon bald Fehlanzeige... Die einzige Phase, in der sie sich geborgen, zu Hause, in einer Familie fühlt ist die als sie Mitglied einer Straßengang ist. Aber auch nur vorübergehend.
Allein unter vielen
Nicos Verloren-, ihr Alleinsein inmitten des jeweils wechselndes familiären Umfelds spielen drei Schülerinnen der Theatergruppe des Wiener Alternativen Lernzentrums, der W@lz. Kommentierend erzählen drei weitere Jugendliche den jeweiligen Fortgang der von Tina Müller geschriebenen Geschichte „8 Väter“. Auf ihren weißen T-Shirts stehen die Wörter VATER, TEST sowie SCHAFTS (!). Und nochmals kommt die Zahl drei vor: Drei verschiedene Mauerstücke stehen im Hintergrund – Anklänge an das Original, das für drei Schauspieler_innen geschrieben ist. Hier spielen neben den drei Nicos und den drei Erzähler_innen noch acht weitere Jugendliche. Handelnde Figuren kommen ja mehr als genug vor.
Glaubhaft
Wunderbar glaubhaft nervig Halbschwester Shanti, überzeugend nicht wirklich nahbar die Darstellerin von Mutter Rosa stets auf der Suche nach Liebe – was sich in Tochter Nico wiederholt – alle drei Darstellerinnen treffen die Leere, die Sehnsucht, die teilweise eigene Sprach-und Gefühllosigkeit punktgenau. Genauso aber auch das ständige weiterkämpfen, wieder aufzustehen nach jeder Niederlage.
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