Zwischen Schwein und Krieger

Ein Mann mit Sonnenbrille spricht in ein Megafon vor dem Schriftzug „Titus findets scheiße“.
"Titus", ein Monolog eines ignorierten Jugendlichen im Dschungel Wien.

Die Grundgeschichte mag vielleicht recht alltäglich und sicher vielen Jugendlichen bekannt sein: Wenig Aufmerksamkeit, Beachtung oder wenn dann nur um gesagt zu bekommen, dass man stört. Verzweiflung bis hin zu Suizidgedanken. Und erst mit der Vorstellung eines Abgangs aus dem Leben, zu dem einen erst all die Ignoranzen treiben, beginnen sich die anderen Menschen für einen zu interessieren. Oder auch nur vermeintlich, um einen vom Sprung vom Schuldach abzuhalten...

Zwei Schweine

Ein Mann mit Sonnenbrille spricht in ein Megafon vor der Neon-Leuchtschrift „Titus findet's scheiße“.
Ausgehend von einer solchen Situation baute der Belgier Jan Sobrie ein geniales Theaterstück. „Tituts“, schon vor fast zehn Jahren von ihm als Monolog zum Vorsprechen geschrieben, siedelt er in einem leicht skurrilen Setting an. Titus heißt nicht etwa so, weil es einst den römischen Feldherren Andronicus gab, sondern weil sein Vater, ein Fleischhauer, ein Schwein namens Titus hatte. Das beherrschte 26 verschiedene Grunzlaute. Schon die erste gute Gelegenheit in die tragische Geschichte sarkastischen Humor einzubringen. Titus nimmt sich den kriegerischen Vornamensvetter zu seinem Vorbildhelden – zumindest zweitweise. Sozusagen ein Pendeln zwischen zwei „Schweinen“.

Obendrein lässt der Autor seinen Protagonisten Vegetarier sein. Nachdem er selbst den Monolog – mit Rollenwechsel in andere Figuren in seinem Leben - in spärlicher Kulissen, auf sich allein konzentriert, schon 2008 beim internationalen Theaterfestival Schäxpir in Linz spielte, steht „Tituts“ nun in anderer Inszenierung auf dem Spielplan im Dschungel Wien.

Zwischen Wolken und Bälle-Bad

Ein Mann mit Kapuzenweste springt vor einer Projektion mit blauen und weißen Bällen.
Hier taucht Sven Kaschte in der Regie von Julia Burger in den Kopf des Titus ein – manchmal im Wechselspiel mit Videoeinblendungen – etwa der symbolhaften Tiere Krähe und Fisch. Und mit vielen Wolken rund um seinen Kopf. Wenn er in die eine oder andere Erinnerung – auch lustvolle wie die der ersten Liebe Tina – eintaucht, so springt er immer wieder in ein Bälle-Bad aus weißen und verschieden blauen Kugeln, wie sie vor allem aus Kaufhäusern zur Kinderbespielung bekannt sind, ein.

Lachen oder nicht

Ein Mann sitzt in einem Bällebad vor einer Wand mit der Aufschrift „Titus findet's scheiße“.
Bei der Premiere dauerte es einige Zeit bis der Schauspieler echt, authentisch wirkte. Ab jenem Moment an dem er sich liebe- und gleichzeitig schmerzvoll an seine Omi erinnert, wirkt er glaubhaft, ab da fesselt er das Publikum. Wenngleich er nach der ersten Vorstellung ein wenig bedauert, dass die Jugendlichen im Publikum an den bewusst (wort-)witzigen Szenen wenig gelacht haben. Im Gegensatz zu einer Voraufführung vor Lehrer_innen. Was vielleicht daran liegen könnte, dass die angesprochenen Themen und Szenen sehr nah dran sind am real life der Jugendlichen, während Erwachsene über all das gut lachen können, was sie schon hinter sich haben.
Ein Mann mit Kapuzenweste spricht in ein Megafon vor einem blauen Hintergrund mit der Aufschrift „Titus“.
Titus
Dschungel Wien; ca. eine Stunde; ab 12 J.

Autor: Jan Sobrie
Regie: Julia Burger
Darsteller: Sven Kaschte
Ausstattung: Nora Pierer
Video: Jürgen Thallinger
Licht: Alexander Suchy
Dramaturgie: Julia Perschon
Regieassistenz: Clara Böhm
Aufführungsrechte: Theaterstückverlag, Korn-Wimmer, München

Wann & wo?
Bis 25. September
12.-14. Oktober
18.-20. Jänner 2016
Dschungel Wien
1070, MuseumsQuartier
Telefon: (01)522 07 20-20
www.dschungelwien.at

Kommentare