Was die „großen“ Kolleginnen und Kollegen trotz unzähliger Diskussionen seit Jahrzehnten nicht schafften, brachten die Abgeordneten für einen Tag kurz vor
Pfingsten zusammen: Ein bundeseinheitliches und damit österreichweit überall gleich geltendes Jugendschutzgesetz.
Zuwege gebracht haben dies jene 83 Jugendlichen der HTL Pinkafeld, der HAK Neusiedl, des BORG Jennersdorf sowie des Diözesangymnasiums Eisenstadt, jener vier Schulen aus dem Burgenland, die zum jüngsten
Jugendparlament eingeladen worden waren.
Abgeordnete für einen Tag - aus vier Schulen des Burgenlandes
Der diesmal vorliegende fiktive Gesetzesvorschlag hatte gelautet, Alkohol, Tabak und Energydrinks seien für Menschen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr verboten. Nicht einmal die von der Parlamentsdirektion eingebaute Provokation in Sachen Altersangabe führte zu einem heftigen Aufschrei. Nüchtern und sachlich, wenngleich anfangs noch ein wenig zäh, kam die Diskussion in den vier Klubs (Gelb, Türkis, Weiß und Violett) in die Gänge. Rasch einigten sich die Klubs mehrheitlich darauf, die Altersangaben radikal runter zu setzen – und zu differenzieren.
Und klar war allen, dass sie nicht nur eine einfache Mehrheit finden wollten, der Vorschlag eines bundeseinheitlichen Gesetzes erforderte eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Kein wirkliches Problem, nach der leichten Einigung auf neue Altersgrenzen fanden die Klubs – und ganz ohne Zwang, es gab abweichende Meinungen innerhalb einiger Fraktionen – auch was die Strafen betrifft auf einen gemeinsamen Nenner.
Im letztlich – nach Beratungen in den Klubs und in zwei Ausschuss-Sitzungen – erzielten Vier-Parteienantrag wird die Altersgrenze für Energydrinks auf 13 und jene für Alkohol und Tabak auf 16 festgelegt. Wie mehrere Rednerinnen und Redner auch in der abschließenden Plenardebatte meinten. „Wenn man mit 16 entscheiden kann, wem man bei einer Wahl die Stimme gibt, dann ist man auch alt genug, zu entscheiden, ob man trinkt oder raucht.“
Die Strafen bei Verstößen sind gestaffelt: Beim ersten Mal Verwarnung, in den folgenden vier Fällen Sozialdienste in der Kranken- und Süchtigenbetreuung, ab dem fünften Mal Geldstrafen bis zu 300 Euro. Erwachsene, die mit der Abgabe von Alk, Tschick und Energydrinks gegen das Gesetz verstoßen, sollen mit bis zu 2000 Euro bestraft werden. Und sämtliche Einnahmen aus diesen Strafen seien für einschlägige Aufklärungskampagnen zu verwenden.
Jugendliche am bekanntesten Redner_innen-Pult Österreichs, hier Magdalena Knopper vom Klub Weiß, einem der vier des Jugendparlaments (die anderen drei: Türkis, Gelb, Violett)
In den Pausen und am Rande der Sitzungen in Klubs, Ausschüssen und dem Plenum bat der Kinder-KURIER einige der Jugendlichen um kurze Statements. Hier sind sie:
Stefanie Blaskovits (HAK Neusiedl) Der Tag hier im Parlament war so wie ich ihn mir vorgestellt habe, auch das Hotel war schön und die Führung durch das Parlament nicht zu lang und nicht zu kurz. Energydrinks sollten erst ab 14 sein, weil mit 12 sind viele eh noch zu aufgedreht und wenn sie dann so was trinken, dann eh nur, weil sie cool sein wollen.
Überrascht hat mich, dass das nicht wie Kinderkram abgelaufen ist, sondern so richtig erwachsenenmäßig mit den ernsthaften Diskussionen in den Klubs und im Ausschuss. Und dass so ziemlich alle interessiert waren, eine gute Lösung zu finden.
Gabriel Pichlhöfer (HTL Pinkafeld) Es war interessant, vor allem, dass wir mit der Zeit in den Diskussionen zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind.
Tamara Nedljkov (HAK Neudsiedl)
Ich fand's viel interessanter als ich es erwartet hatte. Ich hab befürchtet, dass urlange, langweilige Reden gehalten werden. Die Altersgrenze im ersten Entwurf mit 21 fand ich viel zu übertrieben.
Marcel Wieser (HAK Neusiedl)
ich finde, man muss das Parlament dafür loben, dass sie uns die Möglichkeit gegeben haben, das hier zu erleben. Auf jeden Fall ist das schon eine Motivation, sich näher mit Politik zu beschäftigen, weil man da auch erlebt, dass man wirklich etwas bewirken kann.
Tolgar Keskin (HAK Neusiedl)
Es ist wirklich ganz schön kompliziert, mitzubestimmen – mit den verschiedenen Parteien, Klub- und Ausschuss-Sitzungen. Ich hab mir das vorher viel fader vorgestellt.
Thomas Koroschetz (Gymnasium der Diözese
Eisenstadt)
Thomas Koroschetz (Türkis): In unserem Klub haben wir uns entsprechendem unserem Motto Bildung bei den Experten erkundigt uns aber auch stark gemacht für Eigenverantwortung. Die Verhandlungen zwischen den Fraktionen waren sehr produktiv.
Wir kommen ja aus dem klassenübergreifenden Freifach politische Bildung. Darum haben wir schon vorher einiges gewusst, wie das so hier abläuft. Und wir haben auch immer versucht, die Grundlinie unseres Klubs Türkis „Bildung und Wissen“ in den Diskussionen zu berücksichtigen, also zum Beispiel viel von den Experten zu erfragen.
Bilanz
Lara Rosta (Violett) fand nach der Plenardebatte gegenüber dem KiKu Bilanz ziehend „den ganzen Tag sehr informativ zu erleben, wie es so hinter den Kulissen im Parlament abläuft. Vorher hat mich das nicht so interessiert, jetzt schon mehr, weil ich mich auch besser auskenne, wie es hier so rennt. Ich bin noch nicht 16, aber wenn ich es schon wäre, weiß ich nicht, ob ich vorher wählen gegangen wäre, jetzt nach diesem Tag wahrscheinlich schon eher.“
Einige der Jugendlichen schlüpften in andere Rollen als die von Abgeordneten, beispielsweise die von Reporterinnen und Reportern. Neben einer Zeitung, die von einem zwölfköpfigen Jugend-Team gestaltet wurde, Videobeiträgen und Berichten der Parlamentskorrespondenz, gab es bei diesem Jugendparlament erstmals Posts auf der Facebook-Seite. Dazu trugen unter anderemMelissa OsmanovićundSanja Vasić (von der HAK Neusiedl)bei. Erstere meinte: „Ich bin zu schüchtern und wollte nicht als Abgeordnete reden, drum hab ich mich gemeldet, um mit meiner Kollegin Fotos mit unseren Handys aufzunehmen und kleine Berichte für die Facebookseite der Demokratiewebstatt zu schreiben.“
Das Jugendparlament findet jedes halbe Jahr einmal statt. Bewerben können sich jeweils Klassen der neunten Schulstufe jenes Bundeslandes, das gerade den Vorsitz im Bundesrat, der Länderkammer des Parlaments, führt. Und der wechselt halbjährlich in alphabetischer Reihenfolge.
Kommentare