In einer Beziehung und es ist kompliziert ;)

Eine Theaterszene mit vier Schauspielern und fliegenden Stühlen vor weißen Wänden mit Buchstaben.
Jugendliche spielen Goethes "Wahlverwandtschaften" über verwickelte Beziehungen und Hin und her zwischen Leidenschaft und Vernunft.

Ein weißes, wie sich später herausstellten soll, staubiges Tuch über einem Großteil der Szenerie. Ein paar Mädchenbeine schauen irgendwo raus. An der Seite hängte eine blaue Puppe mit weißem Kopf – ohne Gesicht. Vier Schauspieler_innen tauchen aus dem Untergrund auf. Zäh, fast hölzern, jedenfalls sehr distanziert – auch zu dem was sie sprechen – beginnen miteinander in Aktion zu treten.

Auftauen

Drei Schauspieler stehen auf einer Bühne vor Kulissen mit den Buchstaben A, B, C und D.

Mehr als eine halbe Stunde wird es dauern bis sie ihre Texte nicht nur gekonnt deklamieren, sondern die darin und dahinter steckenden Emotionen auch zum Ausdruck bringen.

Das ist einerseits der Nervosität bei der Premiere geschuldet, aber auch Teil des Konzepts. Die vier – zwischen 15 und 17 – spielen in der Regie eines 17-Jährigen GoethesWahlverwandtschaften“. Ein Stück basierend auf dem höchst vielschichtigen, komplexen Roman des „Dichterfürsten“.

In Beziehungen und es ist kompliziert

Vier Schauspieler stehen auf einer Bühne vor farbig beleuchteten Buchstaben.

Er spielt mit komplizierten, verwickelten Beziehungen. Charlotte und Eduard lieben einander und sind auch verheiratet – was auch lange und kompliziert war, bis es so weit kam. Eigentlich wollen sie ihr spätes Glück zu zweit endlich allein ausleben. Da druckst Eduard herum und gesteht seiner Frau, er würde gern einem Freund, dem Hauptmann, aus der Patsche helfen und ihn in ihrem Schloss aufnehmen. „Wir wollten doch allein zu zweit...“ Er setzt sich durch, der Hauptmann zieht ein. Ähnlich geht’s ihr, und bald danach lebt auch Ottilie mit ihnen unter einem Dach. Was kommt, drängt sich fast auf: Quer-verliebt. Eduard und Ottilie verfallen einander in Leidenschaft, Charlotte und der Hauptmann. Zwischen Leidenschaft, Liebe und vor allem Vernunft pendelt nun das hier zu zwei Stunden verdichtete Geschehen.

Gefühle spürbar

Mit Fortdauer des Spiels werden die Figuren auch miteinander warm tauen auf, gehen aus sich heraus, lassen ihre Gefühle spüren, wirken echt. Auch wenn sie gegen Ende des Stücks kurzzeitig aus ihren Rollen raus treten und als Schauspielerinnen und Schauspieler diskutieren, ob sie das mit dem Telegramm spielen können. Das gab es 1809 zur Entstehungszeit von Goethes Roman doch noch gar nicht.

17 Jahre und das achte (!) Stück

Vier Schauspieler stehen auf einer Bühne vor einem minimalistischen Bühnenbild.

Für Matti Melchinger, 17, diesmal nur Regisseur, ist es bereits sein achtes (!) Theaterstück. Seine Premiere hatte er mit 15 in „Wenn (m)ein Herz lauter schreit, als mein Mund brüllt"

von Corinne Eckenstein. Sie entfachte sein Theaterfeuer noch mehr und gemeinsam mit Maximilian Schranz, der damals auch mit dabei war, machten sie sich daran, selbst ein Stück zu inszenieren und spielen. „Dieses Mal wollte ich selber drauf kommen, ob mir das Schauspielen oder die Regie mehr liegt, drum hab ich einmal nicht auch noch mitgespielt“ sagt er dem KiKu. „Ja und dann hab ich so meine gesammelten Werke von Goethe durchgeschaut, bin an den Wahlverwandtschaften hängen geblieben.“ Faszinierend daran fand er nicht nur die verwickelten Beziehungen, sondern dass Ehe für uns Jugendliche ja doch weit weg ist. Und die Zeit noch dazu in der das spielt. Alles also weit weg und damit eine „irrsinnige Herausforderung, noch dazu wo auch der Text selbst sehr komplex ist.“

Langsame Annäherung

Zwei Schauspieler sitzen auf einer Bühne und unterhalten sich.

Das ging dann auch einigen der Schauspieler_innen so. Tara Ewers, für die es die zweite Arbeit mit dieser Gruppe ist – davor hat sie als Kind bei einer privaten Gruppe in Niederösterreich gespielt – gesteht, „dass mir bei manchem Satz, den ich zwar auswendig kannte, aber erst bei den Proben wirklich ein Licht aufgegangen ist, was er wirklich bedeutet.“

Vier Schauspieler stehen auf einer Bühne mit minimalistischem Bühnenbild und Buchstaben im Hintergrund.

DIE WAHLVERWANDTSCHAFTENSzenen aus dem Roman von Johann Wolfgang von Goethe

Theater von Jugendlichen für Jugendliche und Erwachsene

Inszenierung und Raum: Matti Melchinger (17) Es spielen: Charlotte: Flora Pálffy (17) Eduard: Maximilian Schranz (16) Hauptmann, Gärtner, Mittler: Florentin Huemer (16) Ottilie: Tara Ewers (15) Licht & Sound: Andreas Ladik

Wann & wo? Bis 7. Juni, 20 Uhr 5. und 6. Juni, 10.30 Uhr (Vormittagsvorstellungen nur mit Reservierung!) Theater Spielraum (ehemaliges Erika-Kino) 1070 Wien, Kaiserstraße 46 Telefon: (01)- 713 04 60-60www.theaterspielraum.at

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