Astronaut/in auf der Erde

Sie sei schon immer am unendlichen Weltraum, den Sternen und Technik interessiert gewesen, schilderte Martina Markunović in ihrem mit animierten Zeichnungen gespickten Bewerbungsvideo im Frühjahr. Und das hatte offenbar überzeugt. Sie und Julian Lai gewannen in Österreich den von der Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und dem Wirtschafts- und gleichzeitig Wissenschaftsministerium veranstalteten Video-Wettbewerb unter Schüler_innen. Der Gewinn: Die Teilnahme beim NASA Space Camp in Huntsville (US-Bundessstaat Alabama), wo sie ein „Astronautentraining“ absolvieren durften.
Nach ihrer Rückkehr von der (Aus-) Bildung der Mars-Generation verfasste die mittlerweile 16-jährige „Technik-Queen“ (den Titel gewann sie im Vorjahr bei einem anderen Bewerb) einen Bericht. Und ihr Kollege stellte uns seinen während der Reise und des Aufenthalts verfassten Blog zur Verfügung aus dem ebenfalls zitiert sei.
Für eine Woche Astronautin

In dieser Woche war ich nicht mehr nur eine junge Schülerin aus Wien, ich wurde Mitglied eines Teams. Mein Team hieß „Marineris“, benannt nach einem Gebiet auf dem Mars. Wir waren im sogenannten „Advanced Space Camp“ und bauten unsere eigenen kleinen Raketen. Im „Area 51“-Gelände stellten wir unseren Teamgeist bei schwindelerregender Höhe und kniffligen Aufgaben unter Beweis. Neben diesen Aktivitäten gab es auch realitätsnahe, mehrstündige Simulationen von Raumfahrtmissionen. Jedes Teammitglied hatte eine bestimmte Rolle und musste die unterschiedlichsten Aufgaben bewältigen – einmal war ich Commander im Raumschiff und für eine sichere Landung zuständig; einmal GNC (Guidance, navigation and Control/Beratung, Navigation und Steuerung) und musste auf Wetter- und Bodenbedingungen achten; und einmal hatte ich im Raumschiff und auf dem Mars elektrotechnische Herausforderungen zu lösen.

Wenn ich auf diese Woche zurückblicke, bin ich sehr froh darüber, dass ich Österreich repräsentieren und viele tolle Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen kennenlernen konnte. Ich habe Vieles aus dem Bereich der Wissenschaft, der Raumfahrt und vor allem des Teamworks gelernt.
Martinas Bewerbungsvideo
Julians Zusatz-Gewinn

An dieser Stelle muss ich nochmal die amerikanische Höflichkeit ansprechen. Jeder Officer, dem wir im Flughafen begegneten, grüßte uns und redete mit uns als wären wir ihm gleichgestellt - anders als die Polizisten in Österreich, wie ich leider erwähnen muss. Diese sind meist eingebildet und denken, sie können sich alles mit einem erlauben. Der Customs Officer beim Immigration Schalter fing sogar an, über seine eigene Karriere zu reden und mit uns über NASA und Spacecamp zu plaudern, als er erfuhr, wo wir hinflogen. Man muss sich einmal bewusst machen: das war ein Immigration Officer, denen in Österreich Boshaftigkeit und Patriotismus bis zum geht nicht mehr nachgesagt wird. ... Amerikaner sind außerdem viel offener als Europäer. Hier ist es keine Seltenheit, mit einem Officer zu plaudern, und oft wird man auch von fremden Menschen angesprochen, die sich mit einem unterhalten wollen. Würde man das in Österreich machen, würden sie einen nur verdutzt anschauen und sich denken: was will der von mir?“

Nicht aufrecht
Lustige Anekdote dazu: In Amerika ist es verboten, richtige Raketen aufrecht hinzustellen. Allen Raketen, die hier im Camp aufrecht stehen, mussten zuerst die Raketenmotoren entfernt werden. Die Saturn 5 Rakete befand sich ursprünglich außerhalb des Museums im Freien und wurde dann nach drinnen verlagert. Daraufhin haben die einen hysterischen Anruf von der russischen Botschaft erhalten, die wissen wollten, wo die Rakete hingekommen sei.
Aerea 51 ist im Prinzip ein Outdoor Park, in dem das Group-Leadership Training stattfindet. Dort lernt man, wie man am besten als Gruppe funktioniert und wie man sich verhält. Danach ging es zur Raketen-Challenge, wo wir in Teams unsere eigenen Raketen designen mussten, die an einem anderen Tag getestet werden...
Unsere Gruppe hatte ein großes Problem. Ursprünglich wollten wir eine two stage Rakete bauen. Wir benötigten aber viel zu viel Zeit für die Designarbeit, weil wir so viele kreative Ideen hatten, die wir einbringen wollten, dass sich alles nach hinten verschob. Die Zeit lief uns davon und schließlich mussten wir noch alles neu designen und umbauen, weil wir erfuhren, dass unser Design nicht funktionieren würde. Als wir fertig waren, hatten wir eine kurze Einführung in das russische Raumfahrtprogramm und danach hatten wir eine Engineering Challenge, in der wir einige Sachen berechnen mussten, um simuliertes Marswasser durch Destilationsprozesse so sauber (niedriger Wiederstand, den wir maßen) wie möglich zu bekommen. Unser Team arbeitete gut zusammen und alles lief diesmal ziemlich glatt.
Als es aus war, wurden wir mit dem Bus zu einem Millitärstützpunkt gefahren, wo auch vor ein paar Tagen das Rafting stattgefunden hatte. Dort hatten wir survival training und konnten in eine Zentrifuge, in der bis zu 3,2 g erreicht werden. Eine richtige Zentrifuge mit einer geschlossenen Kabine, einem Arm und Kameras drinnen. Ich hatte allerdings ein wenig Bauchweh, also übersprang ich den Spaß. Danach sollten wir Simulatortraining haben, aber blöderweise hatten diese einen Defekt und wir würden das Training an einem anderen Tag machen.
Die Marsmission
Die Marsmission zählt zu den EDMs (Extended duration missions). Nachdem wir am Vortag ein zweistündiges Training dazu gemacht hatten, haben wir uns alle gut vorbereitet gefühlt. Es gab auch diesmal mehrere Posten, die wir uns auswählen konnten. Dazu zählen die Leute in Mission Control, die Leute in der Weltraumstation und die Leute in der Kapsel, die dann auch am Mars landen würden und dort das Habitat herrichteten. Ich war DDT, musste in der Orion Kapsel nicht so viele Checklisten erfüllen wie die anderen, aber dafür am Mars viel arbeiten. Minuten nach dem Launch verwüstete ein Sandsturm MC (Mission Control) und sie hatten keine Checklisten. Das war aber nicht weiter problematisch, weil die internen Systeme computergesteuert waren. Nach ungefähr einem Jahr im Orion CM (Command Module) begaben wir uns in die Landefähre, zogen unsere EVA (Extra Vehicular Activity) Suits an, machten unsere Letzten Checklisten und unser Commander landete schließlich sanft am Mars.
Dort angekommen mussten die zwei DDC erst einmal das Habitat betreten und die Systeme soweit herrichten, dass wir unsere EVA-Suits ausziehen konnten. Dazu zählt das Einschalten der Computer, des Stroms und der Herstellung des richtigen Drucks im Wohnraum. Doch aus irgendeinem Grund berichtete uns SOCOM, dass wir ein Airleak hatten. Also mussten wir unsere EVA-Suits wieder anziehen und die Löcher finden und reparieren. Sobald wir damit fertig waren, traf uns jedoch ein Sandsturm und nachdem dieser vorbeigezogen war, bemerkten wir, dass wir keinen Kontakt mehr zur Kontrollstation hatten. Uns blieb nichts anderes übrig, als noch einen EVA zu machen und dort zeigte sich auch das Problem. Die Antenne, die für Kommunikation zuständig war, wurde durch den Sturm umgeschmissen. Wir reparierten also diese und entdeckten nebenbei noch ein Loch, das wir übersehen hatten. Unser Botaniker baute währenddessen in unserem Greenhouse Kartoffelpflänzchen an und sorgte damit für unsere Nahrung.
Insgesamt hatten wir noch viele andere Anomalien, die uns Probleme machten, doch die Mission hat uns allen viel Spaß gemacht und wir würden es gerne wieder machen.
Heute war der große Tag, unseres Abschlusses. Doch noch davor gingen wir zum Multi Axis Trainer, einem Gerät bestehend aus drei in verschiedenen Winkeln zueinander stehenden Achsen mit einem Sitz in der Mitte. Man setzt sich in den Sitz und ein Motor bringt die drei Achsen zum Drehen. Dadurch bewegt man sich in alle möglichen Richtungen kreuz und quer. Der Multi Axis Trainer simuliert eine unkontrollierbare Bewegung im All. Ich hatte vorher furchtbare Angst vor diesem Ding, im Nachhinein kann ich aber sagen, dass ich noch nie so viel Spaß hatte in meinem Leben.
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