So leicht geht's bergab

Auf einer Theaterbühne bedroht eine Frau mit einer Pistole eine andere, während ein Mann zusieht.
Ödön von Horváths "Sladek oder die Schwarze Armee" im Theater Spielraum (Wien) - beängstigende Parallelen.

Das jüngste Stück im Theater Spielraum (Wien-Neubau) beginnt im Dunklen. Ziemlich düster ist auch die Geschichte von Ödön von Horváth „Sladek oder die Schwarze Armee“. Zu letzterer, einer Art offener Geheimarmee (jeder wusste davon, auch wenn sie offiziell nicht existierte), will der Protagonist. Dafür verrät er sogar seine Wirtin, die von zwei Schwarz-Soldaten ermordet wird. Im letzten Moment versucht er dann doch noch „Halt!“ zu sagen. Zu spät. Und das wird ihm in der Folge auch noch immer wieder vorgehalten.

Niedrigste Gesinnung

Zwei Männer stehen vor einer Wand mit der Aufschrift „HEIL!“.
Szenenfoto aus "Sladek oder die Schwarze Armee2 im Theater Spielraum (Wien)
Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts hatte Horváth das Stück geschrieben, nachdem er intensiv bei der Liga für Menschenrechte in Berlin recherchiert hatte. Unter anderem fand sich dort ein Artikel der „Weltbühne“ in dem ein unbekannter Autor über die „Vaterländischen Verbände“ geschrieben hatte: „Ich bin in die vaterländische Bewegung gekommen, ehrlich begeistert vom Ideal des nationalen Gedankens. Was ich dort fand, war ein Sumpf der niedrigsten Gesinnung und erbärmlichsten Leidenschaften, eine Atmosphäre von Mordlust und Zynismus...“

Hetze

Ein Mann mit Brille wird von einer anderen Person berührt, während er den Mund öffnet.
Szenenfoto aus "Sladek oder die Schwarze Armee2 im Theater Spielraum (Wien)
Gehetzt wurde nicht zuletzt gegen Pazifisten – in Horváths Stück in der Figur des Journalisten Schminke. Die Version im Theater Spielraum hält sich weitgehend an Horváths Stücktext, lediglich im ersten erfolgten Textkürzungen, obwohl gerade der Beginn des ersten Aktes heftige Anklänge an sehr aktuelle Hetze beinhaltet, wenn es dort heißt: „Am Rhein schänden syphilitische Neger deutsche Frauen, jawohl das deutsche Volk hat seine Ehre verloren. Wir müssen, müssen, müssen sie wieder erringen...“

An der Wand steht in großen Buchstaben HEIL! Davor spielt sich fast alles auf und um ein zweistöckiges Baugerüst ab – die Anfälligkeit des suchenden Sladek für einfache Antworten in verworrenen und damit verwirrenden Zeiten, für martialische Heilsversprechen, die Existenz angeblich gar nicht vorhandener (para-)militärischer Verbände, eins der „Schwarzen Armee“, heute diverser sich bildender Bürgerwehren.

Historische und Gegenwartsbezüge

Mehrere Schauspieler stehen auf einer Bühne, einige tragen Masken und Kostüme.
Szenenfoto aus "Sladek oder die Schwarze Armee2 im Theater Spielraum (Wien)
Wie häufig im Theater Spielraum wurde ein „altes“ Stück hergenommen, das verblüffend arge Parallelen zu aktuellen Entwicklungen hat. Und wie ebenfalls zumeist glänzt die Aufführung durch eine starke Ensembleleistung. Und als „Draufgabe“ stellt ein umfangreiches Programmheft Bezüge zur Zeit der Entstehung des Originaltextes sowie zur Gegenwart her.
Ein Soldat in Uniform zeigt einem jungen Mann einen Ausweis.
Szenenfoto aus "Sladek oder die Schwarze Armee2 im Theater Spielraum (Wien)
Sladek oder die Schwarze Armee
von Ödön von Horvath

Inszenierung: Nicole Metzger & Reinhardt Winter
Es spielen: Alexander T. T. Mueller, Dana Proetsch, Julian Sark, Dominic Marcus Singer, Abraham Thill, Benjamin Turecek, Anja Waldherr

Raum: Harald Ruppert
Kostüme: Anna Pollack
Foto: Barbara Pálffy

Wann & wo?
Bis 6. Februar
Theater Spielraum
1070, Kaiserstraße 46
Telefon: (01) 713 04 60- 60
www.theaterspielraum.at

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