Hasen für alle
Rechtzeitig vor der Nationalratswahl wird noch schnell eine Partei gegründet – im Studio des Palais Kabelwerk in Wien-Meidling. Eine immer wieder sehr zum Lachen ja beinahe zwingende Persiflage, bei der das Lachen dann doch mitunter im Hals stecken bleibt, weil... ja wird nicht das eine oder andere fast von der Wirklichkeit des echten Wahlkampfs erreicht, fast überholt?
Einfach schräg
Schon der erste Eindruck, wenn du den Saal betrittst ist ein wenig schräg. In der Mitte der Bühne eine Art Laufsteg aus Tischen. Darauf steht Isabella, eine junge Frau irgendwie zwischen verhalten sich herum drucksend bewegend und dem Wunsch, gleich loslegen zu dürfen, aber auch ein wenig Angst davor ausstrahlend. An der linken Seite im Hintergrund Jean Philip, ein Musiker mit E-Gitarre – nur in Badehose und fetten Sportschuhen. Im Verlauf des knapp mehr als einstündigen Stücks wird er auch Geige und Keyboard spielen. Felix zeichnet mit Kreide auf den Boden Balkendiagramme, Torten- und andere Grafiken – von einem Tablett ab. An der – vom Publikum aus linken Wand schreibt Theresa mit Kreide Texte. Neben dem Tisch-Laufsteg steht Thomas – neben sich an der Tischkante ein kleines Köfferchen und ein Mikro. Rechts vorne der schüchtern sich verkrampfende Christian und Roswitha, eine leicht verrucht wirkende Frau mit rotem Lockenkopf, die sich eine Zigarette dreht, die sich später als „Ofen“ herausstellt.
Vom Blühen und Blähen
Als endlich alle Zuschauer_innen sitzen, bewegt sich Isabella ein bisschen hüftschwingend, aber doch irgendwie auch zurückhaltend nach vor, parallel folgt ihr Thomas einen Stock tiefer. Das Duo präsentiert – tatatata - „einen Moderationskoffer mit allem – Stiften, Post its, Stecknadeln...“ und fordert auf, „alle sollen sagen, was sie schön finden...“ Das wolle sie sammeln, auf Flip-Charts schreiben. Es geht um – die Punkte für das Programm einer neuen Partei. In der Zwischenzeit ist durch die Tür an der hinteren Bühnenwand noch eine blonde mittelalterliche, bebrillte, streng und lasziv wirkende Dame zur Runde gestoßen. Sie legt auch gleich los: Von Rhythmus bis Chrysanthmene diktiert sie als ihre Schönheiten, um gleich danach in einen Sermon vom Blühen und Blähen der Universen und dem sich daraus ergebenden Ausdehnen des Multiversums los zu lassen. „Na greeßer wird's“, bringt's Roswitha auf den Punkt.
Häusl-Rede
Es wird philosophiert und debattiert. Von Dingen, die schön sind und solchen, die jedenfalls ins Parteiprogramm gehören. Unter anderem „Wahrheit, Transparenz, Fairness“ – das ergibt auf dem Flip-Chart immerhin die schöne Abkürzung WTF (bekannter als What the Fuck). Oder „das Recht auf Partnerschaften“, jenes auf „Ruhe an stillen Örtchen“ samt Auslassungen über Klos und Geräuschprinzessinnen bis zu einem leicht tollpatschig wirkenden Schwanenseetänzchen des nun auch bis auf die Unterhose ausgezogenen, dafür mit Servietten aus bedruckten 100-Euroscheinen geschmückten Thomas. Gewürzt wird die Sammlung immer wieder von sagenhaft erdigen Sprüchen Roswithas und genial-einfachen Relativierungen hochgestochen wirkenden Geschwafels anderer Parteigründer_innen. Oder simplen verdeutlichenden Beispielen wie jenem über Apfelstrudel, wo praktisch nur solche mit Rosinen verkauft würden, die aber die Menschheit spalte, in solche die Rosinen mögen und andere, die sie nicht mögen.
Hund - Hase - Bär
Das Überdrüber ist aber schließlich die von Thomas eingebrachte Forderung nach „Stoffhasen für alle“, denn in seinem habe er immer einen Gesprächspartner, dem er alles sagen könne. Da tut auch nichts zur Sache, dass Roswitha anmerkt, bei dem Hasen, den er da halte, handle es sich um einen Hund. Ja und alle Stoffhasen sagen dann alles einen Überhasen und der sagt's sozusagen als Stimme des Volkes dem Parlament, womit der Kontakt zwischen Politiker_innen und Bürger_innen wieder hergestellt wäre...
Und drum bekommen alle Besucher_innen mit dem Tickt auch den Button mit einem … Bären ;)
Und was sich nach dem Stück noch jedenfalls auszahlt: Ein wenig die Zitate von Sartre, Nietzsche, Marx und Engels … zu lesen, die von der in Femen-Manier mit einem VOTE über der nackten Brust sprachlos agierenden Theresa während des ganzen Stücks mit Kreide an drei Wände geschrieben wurden.
Wir gründen eine ParteiAktionstheater
Idee / Regie: Martin Gruber Text: Claudia Tondl Schauspiel: Susanne Brandt, Isabella Jeschke, Roswitha Soukup, Christian Rajchl, Jean Phillip Oliver Viol, Thomas Weilharter Live-Musik: Jean Phillip Oliver Viol Dramaturgie: Martin Ojster Installation: Felix Dietlinger Regieassistenz: Theresa Thomasberger
Wann &Wo? Bis 28. September; 20 Uhr Palais Kabelwerk 1120 Wien, Oswaldgasse 35A (U6 Tscherrtegasse)
Karten: tickets@palaiskabelwerk.at karten@aktionstheater.at Telefon: +43 1 8020650www.aktionstheater.at
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