Geschichten aus der Welt erzählen

Ein Mann spricht auf einer Bühne vor einem Publikum in einem Theater.
Folke Tegetthoff, der „Vater“ des Erzählkunstfestivals fabelhaft!, im KURIER-Interview

Aufgewachsen mit vier viel älteren Geschwistern von denen eine Schwester im jeden Tag eine Geschichte erzählt hat, begann Folke Tegetthoff früh selber zu schreiben. Doch bald war da ein unbestimmtes Gefühl, „da gibt’s noch mehr, noch was anderes“, gesteht Folke Tegetthoff im Gespräch mit dem KURIER.

Märchen-Hörspiel

Ein älterer Mann mit Brille und hellem Cardigan steht vor einem dunklen Hintergrund.
Folke Tegetthoff bei einem früheren Festival in der Bühne Baden
Mit ungefähr 24 bekam er den Auftrag, „ein Märchen-Hörspiel, damals noch für eine Langspielplatte“ aufzunehmen. Erzählen – das war’s. Tegetthoff begann selbst live mit derartigen Auftritten, suchte Kolleginnen und Kollegen in verschiedensten Ecken und Enden der Welt und 1988 organisierte er ein erstes Festival. Es war das Be- und Gedenkjahr (50 Jahre nach dem „Anschluss“). Gegen den (latenten) Antisemitismus holte Tegetthoff jüdische ErzählerInnen auf die Bühne. Mit Erfolg: „Jugendliche haben mir danach gesagt, sie haben zum ersten mal bewusst Jüdinnen und Juden gesehen und gehört und gesagt: Die sind ja ganz normal wie wir!“

Es folgten Einladungen von BühnenkünstlerInnen, die das Publikum mit ihrer Sprache in den Bann ziehen aus verschiedenen Weltgegenden, nicht zuletzt Afrika, Begegnungen jüdischer UND arabischer ErzählerInnen… Allesamt große Publikumserfolge.

Explosion in meinem Hirn

Und dennoch tat sich nach fast 20 Jahren noch einmal etwas Neues: „Es war 2006, ich hatte einen Auftritt in den USA. Und plötzlich, während ich so von der Bühne hinein ins Publikum erzählte, kam mir ein neuer Gedanke. In diesem Moment wurde mir bewusst: nicht ich auf der Bühne bin wichtig. Die Menschen vor mir – um die geht es. Wenn die nicht zuhören ist alles null und nichtig. Das war wie eine Explosion in meinem Gehirn!“

Nach diesem „explosiven“ Auftritt beschäftigte sich Tegetthoff intensiv acht bis neun Monate mit dem Thema in Theorie und Praxis und gründete Anfang 2007 die „Schule des Zuhörens“. In seinen Vorträgen geht es 90 Minuten lang nur ums reine Zuhören, nichts anderes – „und das ist gemeinsame Arbeit – von denjenigen, die zuhören, und von mir“.

Bei "fabelhaft" geht’s natürlich auch viel um Zuhören – so manche Erzählerin und mancher Erzähler, den Tegetthoff zum Festival nach Niederösterreich einlädt, bietet darüber hinaus aber auch das eine oder andere für die Augen.

In den folgenden Abschnitten stellt Folke Tegetthoff, „Vater“ von Österreichs einzigem Erzählkunstfestival fabelhaft!, einige der diesjährigen KünstlerInnen vor:

Eine Frau mit traditioneller Kopfbedeckung singt mit erhobenen Händen auf einer Bühne.
Gcina Mlophe
Als ich Gcina vor genau 20 Jahren zum ersten Mal zu meinem Festival eingeladen hatte, faszinierte mich nicht nur die Tatsache, dass sie bereits damals als eine der wichtigsten Geschichtenerzählerin Afrikas galt, sondern auch ihr politisches Engagement. Als halb Tutsi und halb Xhosa sieht sie es als ihre Aufgabe, mit ihrer Kunst zum Frieden zwischen diesen beiden verfeindeten Stämme beizutragen. Und wie dort erzählt wird: eine waghalsige Mischung aus Geschichte, Gesang und Tanz – da bebt die Bühne und auch gleich das Publikum. Explosiv und berührend, ursprünglich und... einfach Afrika! Gcina ist Afrika!
In ihrer Heimat Südafrika ist sie ein richtiger Star, ihre regelmäßige Fernsehsendung (ja, mit Geschichten, im ORF wohl undenkbar...) ein Publikumshit. Ihre Auftritte erinnern an Popkonzerte. Sie hat viele Bücher und CDs veröffentlicht. Auftritte haben sie um die ganze Welt geführt.
Gcina ist nun zum ersten Mal bei fabelhaft! und unsere Gäste werden sie lieben – das weiß ich!!!

gcinamhlophe.co.za/

Gcina Mlophes Auftritte
Freitag, 6. Juni, 19.30 Uhr
St. Pölten, Landestheater

Samstag, 7. Juni, Sonntag, 8. Juni
Bad Schönau

Montag, 9. Juni
Schallaburg

Ein lächelnder Mann mit Schnurrbart, Barett und gemustertem Schal vor schwarzem Hintergrund.
Parvis Mamnun
Was für ein Glücksfall für Österreich, dass Parvis Mamnun vor mehr als 50 Jahren nach Österreich gekommen war – so können wir eine der zugleich ursprünglichsten und wunderbarsten Erzählkulturen in deutscher Sprache genießen! Wenn Parvis ansetzt, in seiner unnachahmlichen Art, mit diesem für das persische so typischen, melodiösen Tonfall und wir dann mit seinem perfekten Deutsch teilhaben können an einer der ältesten Kulturen, ist das ein besonderer Glücksfall.

Immer hatte ich mit „meinen“ orientalischen Erzählern „Probleme“, weil das Konzept des Festivals die Präsentation der Vielfalt der Erzählkünste vorsieht und deshalb jedem Erzähler, jeder Erzählerin nur 15 Minuten zustehen. Eine Horrorvorstellung für meine Freunde aus dem Orient! Parvis hat sich in den letzten Jahren nur dadurch bezirzen lassen, dass ich ihm versprochen habe, ihm einmal einen ganzen Abend zu widmen! Und welcher Anlass könnte besser geeignet sein, als sein 75. Geburtstag und sein 25-jähriges Jubiläum als Erzähler! Ich freue mich auf dich, großer Meister der Erzählkunst!

Parvis Mamnuns Auftritt
Dienstag, 3. Juni, 19.30 Uhr
Bad Schönau Festivalzentrum
Freier Eintritt (mit Anmeldung).

Ein Mann mit auffälliger Frisur hält mehrere bunte Blockflöten vor sein Gesicht.
Gabor Vosteen
Das ist genau die Mischung, die fabelhaft! so fabelhaft macht: Da steht ein schmächtiges, zappeliges Männchen auf der Bühne und verzaubert – und zwar im wahrsten Sinn des Wortes – das Publikum mit einer kleinen Flöte. Ein Flötenspieler? Nein: Gabor Vosteen! Was er mit seinen (bis zu 7 Flöten) gleichzeitig aufführt, so sympathisch, so sensibel, so virtuos ist allerhöchste – wie ich es nenne – Erzählkunst!
Ein Mann mit Mikrofon, lila Hemd, Weste und Krawatte gestikuliert vor einem schwarzen Vorhang.
Zero Boy
Kaum sind die letzten Töne verklungen betrittZero Boydie Bühne. Groß, mächtig – er sieht aus wie aus einem Comic – und wenn er seine Geschichte erzählt, so tut er das nicht etwa in seinem New Yorker Slang, nein, er erzählt seine haarsträubenden Storys mit Geräuschen, die er irgendwie aus seinem Mund – und zwar im wahrsten Sinn des Wortes – hervorzaubert.
Eine Frau mit Handschellen telefoniert aufgeregt und hält ihre Brille fest.
Hilary Chaplain
Dann kommtHilary Chaplain. Auch aus New York. Ist sie eine Clownin? Eine Pantomimin? Eine Comedian? Sicher ist nur, dass ihre Geschichten sehr witzig, sehr schräg und sehr hintergründig sind und sie uns mit ihrer Erzählkunst – im wahrsten Sinn des Wortes – einfach bezaubert!

Erzählen ohne Worte
Samstag, 7. Juni, 20 Uhr
Bad Schönau
Festivalzentrum

Festivalzentrum erZELT
Bad Schönau
Karten: (026 46) 82 84 fabelhaft@bad-schoenau.gv.at,
– Eröffnungsgala: „Folke&friends“
Mi. 4. Juni, 19.30 Uhr
– Story Dinner
Fr. 6. Juni, 19.30 Uhr
– Erzählen ohne Worte
Sa. 7. Juni, 20.00 Uhr

Kurpark Bad Schönau
– Fest der Fantasie, für die ganze Familie, gratis Eintritt!
So, 8. Juni, 14 – 17.30 Uhr.

Landestheater NÖ, St.Pölten
Karten: (027 42) 90 80 60-600 karten@landestheater.net,
– Lange Nacht der Märchenerzähler
Fr. 6. Juni, 19.30 Uhr

Renaissanceschloss Schallaburg
Karten: (027 54) 6317
office@schallaburg.at,
– Lange Nacht der Märchenerzähler, Mo. 9. Juni, 19.00 Uhr

Alle Infos zu den KünstlerInnen und weiteren Veranstaltungen:
fabelhaft.at

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