Weißer als weiß, schöner als schön...

Zwei Frauen sitzen auf einer weißen Couch und gestikulieren, während eine dritte Frau im Hintergrund sitzt.
Humorvolles Spiel mit Sprache und Klischees rund um Werbung und Frauenbilder im Theater Drachengasse.

Alles sehr weiß. Ein bisschen edel. Und ein wenig steril. Couch, Hocker, ein fahrbarer Kleiderständer voller – eh kloar – weißer Gewandstücke, Schuhe… - so präsentiert sich die Bühnendeko. Doch los geht’s nicht dort oben, sondern mit einer bei der Tür hereinstürzenden „Shit, Sch…“ schreienden, abgehetzten Akteurin auf der gegenüberliegenden Seite von Bar&Co, einem der beiden Säle des Theaters Drachengasse. Das viele Weiß ist der zweiten Hälfte des Stücktitels gewidmet: Leuchtkraftformel. Werbung und ihre überhöhten Superlative – „weißer als weiß“ – sind ein Thema, das das Bühnen-Quartett aufs Korn nimmt.

Beauty!?

Drei Frauen in weißen Kleidern auf einer Bühne vor einem schwarzen Hintergrund.
Die auch ganz in Weiß hetzend, stolpernde Akteurin ist Radioreporterin. Und ein bisschen zu spät dran. Endlich landet sie auf der Bühne, bei den „Kümmerinnen“, einmal Künstlerinnen, einmal Redakteurinnen eines Magazins, das sich Frauenzeitschrift nennt. Aber nicht um Gleichberechtigung kämpfend im Sinne von „Emma“, sondern auf hip und modern getrimmt was in Vor-Emanzipationszeiten als solche bezeichnet wurde: Mode- und andere Tipps – die schicksten Bikinis, die tollsten Make-Ups, die besten Wege zur straffen Sommerhaut, die perfekte (Brust-)Chirurgie, Kleider für „den schönsten Tag des Lebens“ … Die Diskussionen ums Cover pendeln zwischen „nehmen wir die Blonde mit den Rehaugen oder die Dunkle mit den Sternenstaublocken?“ „Was kommt am besten bei Anzeigenkunden an?“ Die stets mitgedachte, oft genug aus ausgesprochene Maxime lautet „Beauty!“

Die Radioreporterin als Praktikantin in der Zeitschrift ist entsetzt – und wird mit ihren grundsätzlichen Fragen zu Machtverhältnissen oder gläserner Decke abgeschmettert. Es gehe eben schlicht ums Business und da sei Quote der einzige Maßstab.

Ein Fest der Sprachkunst

Vier Frauen in weißen Kostümen stehen auf einer Bühne vor einem schwarzen Hintergrund.
Gut, dass es kein „happy end“, ja fast eine paradoxe Intervention gibt. So bleibt die Aufgabe, selbst zu hinterfragen – ob sich der herrschenden Logik zu unterwerfen oder zu widersetzen. Noch besser an dem Stück von Katharina Tiwald ist das Feuerwerk an Sprachspielen und –melodien. Eine Stunde lang ein von viel mitunter bissigem Humor durchzogenes Sprachkunst-Musikfest bei dem das Lachen mitunter im Hals stecken bleibt. Nicht zuletzt, weil die persiflierten Klischees mitunter wiederum selbst transportiert werden.
Vier Frauen in weißen Outfits stehen auf einer Bühne und halten ihre Hände vor den Mund.
Die Kümmerinnen in: Leuchtkraftformel
Eine found footage opera von Katharina Tiwald

Publikumspreis des Nachwuchs-Theater-Wettbewerbes 2013
In Koproduktion mit Theater Drachengasse

Eine Frau mit Uschanka singt in ein Mikrofon auf einer Bühne.
Regie: Julia Nina Kneussel
Es spielen: Anna Maria Eder, Katharina von Harsdorf, Constanze Passin, Lisa Schrammel
Bühne, Kostüm: Gudrun Lenk-Wane
Regieassistenz: Martina Theissl
Rechte bei Edition Ausblick Wien

Wann & wo?
Bis 4. Oktober 2014; jeweils 20 Uhr
Bar&Co/ Theater Drachengasse
1010, Fleischmarkt 22, Eingang Drachengasse 2
Telefon: (01) 512 13 54
www.drachengasse.at/

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