„Es geht nicht nur darum, was wir essen, sondern auch wie wir essen“, betont die Ernährungspsychiaterin DDr. Sabrina Leal-Garcia. Genießen statt schlingen, lautet hier die Devise im Sinne der Selbstfürsorge: „Da spielt achtsames Essen genauso eine zentrale Rolle wie eine geregelte Mahlzeitenstruktur oder Essen in freundlicher Gesellschaft.“ Die Fähigkeit, sein Essen fokussiert und freudvoll zu genießen, lässt sich trainieren wie ein Muskel. Hier einige Anregungen.
Entschleunigen
Je ruhiger gegessen wird, desto besser für das Darm-Mikrobiom. Weil das Verdauungssystem Zeit und Ruhe braucht, um die Nahrung zu zerkleinern und zu verarbeiten. Das unterstützt die Arbeit des Vagusnervs, mit dessen Hilfe während der Nahrungszufuhr Informationen über das aufgenommene Essen vom Magen-Darm-Trakt an das Gehirn geleitet werden, was auch das Hunger- und Sättigungsgefühl reguliert. Der Vagusnerv zieht sich vom Gehirn bis in den Magen-Darm-Trakt.
Innehalten
Noch einmal: Genuss braucht Zeit. Viel zu schnell, viel zu oft „to-go“, also fast immer zwischendurch: So essen die meisten Menschen im Alltag. Es führt dazu, dass wir, ohne zu reflektieren, eilig etwas hinunterschlingen und dabei gar kein Gefühl mehr dafür entwickeln können, wann Sättigung eintritt. Außerdem fehlt jeglicher Entfaltungsraum für Genuss. Um solche ungünstigen Gewohnheiten zu durchbrechen, hilft es, während des Essens einige Augenblicke lang innezuhalten, um sich kritisch zu fragen: Wie ist die Situation, in der ich gerade esse? Habe ich wirklich Hunger? Bin ich schon satt?
Entdecken
„Geschmackszentriertes Wahrnehmen“ heißt eine Übung aus dem Genusstraining. Und die geht so: „Richten Sie sich ein Stück Schokolade (ca. 4x2 cm) her oder eine andere süße Speise, deren Geschmack Sie gerne mögen, in einer Größe, die Sie gut zwischen den Fingern halten können. Setzen Sie sich nun entspannt hin, wenn Sie möchten, schließen Sie die Augen und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Körper“, heißt es im Buch „Mit allen Sinnen leben“ von Beate Handler. Ziel sei es, nun bewusst mit der Zunge auf geschmackliche Entdeckungsreise zu gehen, um alle Geschmacksaspekte zu erfahren. So wird der Geschmackssinn trainiert und sensibilisiert.
Riechen
Wer mit allen Sinnen genießen möchte, sollte den Geruchssinn nicht vergessen. Er ist eng mit dem limbischen System im Gehirn verknüpft, dort werden Emotionen verarbeitet. Daher kann die Wahrnehmung bestimmter Düfte diverse Erinnerungen (auch negative) auslösen. Beim Genusstraining geht es darum, sich angenehm empfundenen Gerüchen ganz bewusst zu widmen. In Bezug auf Essen kann das zum Beispiel der Geruch von frischem Brot in einer Bäckerei, der Duft von Kaffee oder Trinkschokolade sein, auch die Aromen bestimmter Gewürze, wie etwa Zimt. Nun geht es darum, sich in aller Ruhe zu überlegen, was dieser Duft genau auslöst – welche Bilder und Erinnerungen an bestimmte Momente. Auf diese Weise lassen sich Genusserfahrungen auf einer weiteren Ebene intensivieren: Weil es eben einen Unterschied macht, einen frisch gebackenen Kuchen schnellschnell zu essen, oder ihn vorher auch genussvoll erschnuppert zu haben.
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