Warum fürchten sich so viele Menschen vor Schlangen?

Warum fürchten sich so viele  Menschen vor Schlangen?
Rund die Hälfte mag die kriechenden Reptilien nicht. Das hat mehrere Gründe, die zusammenspielen können.

Vor 25 Jahren schnappte Volksschullehrer F. uns Kinder und marschierte mit der Klasse öfter in die Au. Ein Wahnsinniger entdeckte dort immer eine Ringelnatter. Herr F. erwartete Entzückungsbekundungen und Reptilien-Streicheln, obwohl das verboten ist – auch von Schülern mit Schlangenangst. In seiner versteckten Nebentätigkeit als Psychologe wollte er uns heilen. Geholfen hat das nicht.

Evolution und mehr

Es krampft sich beim Anblick eines Reptils auch heute noch in mir etwas zusammen. Wie bei rund 50 Prozent der Menschen auch (zwei bis drei Prozent entwickeln eine krankhafte Angst, die den Alltag einschränkt). Und das hat mehrere Gründe, die zusammenspielen.

„Evolutionär sind wir darauf angelegt, auf Schlangen mit erhöhter Aufmerksamkeit und Aufregung zu reagieren. Dennoch entwickeln nicht alle Menschen krankhafte Angst. Dazu kommen muss, dass entweder schlechte Erfahrungen mit Schlangen gemacht werden oder die Angst sozial vermittelt wird, zum Beispiel durch Eltern, die Angst vor Schlangen haben und dem Kind dies vorleben. Wenn ein Kind vom Temperament her auch noch eher ängstlich veranlagt ist, ist das Risiko für eine Phobie erhöht“, erklärt Stefanie Höhl, Professorin für Entwicklungspsychologie an der Uni Wien.

Selbst, wenn man weiß, dass ein Tier wie die Ringelnatter ungefährlich ist, subjektiv sieht es anders aus. „Hier spielt unser Mandelkern im Gehirn, die Amygdala, eine Rolle. Der kontrolliert unsere Furchtreaktion. Nun ist es so, dass der Mandelkern schnell reagiert und nur zum Teil von der Gehirnrinde kontrolliert wird. So kommt es mitunter bei ängstlichen Menschen zu einem vorschnellen falschen Alarm, wenn etwa der Stock auf dem Weg als potenzielle Gefahr, sprich Schlange, fehlinterpretiert wird“, sagt Höhl. Zudem könne Angst, wenn sie erst mal erlernt ist, nicht so einfach wieder „gelöscht“ werden, auch wenn wir wissen, dass sie irrational ist.

„Es ist ein neuer Lernprozess erforderlich, bei dem wiederholt die Erfahrung gemacht werden muss, dass der mit Angst verknüpfte Reiz gar nicht gefährlich ist.“ Das mache man in der Expositionstherapie. Offenbar war Lehrer F. mit uns zu wenig oft in der Au.

Hier schreiben Autorinnen und Autoren abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Kommentare