Zwischen Hochspannung und Humor

Hier ist ein akribischer Tüftler am Werk: Bernd R. Bienert, Intendant des Teatro Barocco in Stift Altenburg, baut seine Produktionen auf exakter historischer Recherche auf. Das beginnt beim Notenmaterial und geht über Szenographie, Bewegungsrepertoire bis hin zur Farbtemperatur des Lichts. Das Resultat ist paradox: museal und doch durchpulst von Leben, das aus einer anderen Epoche ins Heute geholt wird.
Der erste Teil des Abends ist einem Melodram gewidmet, jener verschwundenen Gattung, die gesprochenen Text mit Orchestermusik synchronisiert. Ihre Revitalisierung ist Bienerts Verdienst.
Kira von Zierotin als Medea im von Mozart hoch geschätzten einstigen Erfolgswerk von Georg Anton Benda lässt dem Text sein volles Pathos und agiert in Feinabstimmung mit der Musik. Expressive Gestik steigert sie bis zum exaltierten Irrsinn der Kindsmörderin – elektrisierende Hochspannung!
Den amüsanten Kontrapunkt dazu bildet Joseph Haydns spritzige Buffo-Oper "Lo speziale" ("Der Apotheker") mit ihren typischen Ingredienzien: Der reiche alte Sempronio – köstlich Peter Widholz – will sein Mündel Grilletta – Sarah Marie Kramer mit robuster Präsenz und präzisen Koloraturen – heiraten. Die wird umworben vom schüchternen Mengone – Julian Henao Gonzalez mit hellem, höhensicherem Tenor – und vom blasierten Volpino – apart in der Hosenrolle Barbara Angermaier mit klarem Sopran.
Die Verkleidungsszenen der Liebhaber (zuerst als Notare, dann als Türken) sind lustvoll ausgespielt. Das kleine Ensemble unter der Leitung von Robert Lillinger am Cembalo vereint Instrumentalisten von Soloqualität.Ein ästhetisches Zeitreise-Vergnügen!
KURIER-Wertung:
von Barbara Pálffy
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