YDP: Vienne gewinnt und ärgert sich

Vier Frauen posieren mit Blumensträußen vor einem Banner des Young Directors Project der Salzburger Festspiele.
Bei den Salzburger Festspielen wurden die Preise für das "Young Director's Project" vergeben. Die Gewinnerin übte Kritik an den Kritikern.

Die Gewinnerin des Young Directors Award 2012 der Salzburger Festspiele heißt Gisele Vienne. Die Französin bekam die Auszeichnung für ihre beiden Arbeiten "Eternelle Idole" und "This is how you will disappear". Der Preis ist mit 10.000 Euro und und einer exklusiven Füllfeder von Sponsor Montblanc dotiert. Bei der Preisverleihung beklagte sich Young-Directors-Project-Gewinnerin Vienne coram publico bei den Kritikern und bezeichnete deren Arbeit als "nicht intelligent und diskreditierend".

Die Jury - bestehend aus Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, Galerist Thaddäus Ropac, Schauspieler August Diehl, Autor Händl Klaus und Kritiker Peter Kümmel - begründete ihre unerwartete Entscheidung so: "Gisele Vienne beschwört in ihren Stücken keine Zeit, die es schon einmal gegeben hat oder die es geben wird. Diese Regisseurin ist in ihrer eigenen Welt unterwegs... Verdammte, Verbannte und Untote aus unserer Populärkultur ziehen dort ihre Spur, Kontaktaufnahme ist unmöglich, denn die Sprache ist an ihrem Ende angekommen... Der Mensch wird von Räumen verschlungen, aber die Art wie er kämpft, hat große Schönheit. Diese Schönheit hat die Jury bewogen, den Young Directors Award an sie zu vergeben."

Preis trotz herber Kritiken und lascher Publikumsreaktion

Gisele Vienne ist mit zwei eher kurzen Stücken angetreten und hat ihre Konkurrentinnen Princess Zinzi Mhlongo aus Südafrika und Cornelia Rainer aus Österreich hinter sich gelassen. Rainer hatte mit ihrer positiv besprochenen Auftragsarbeit "Jakob Michael Reinhold Lenz" vielen als Favoritin gegolten. Die Stücke der Siegerin "Eternelle Idole" und "This is how you will disappear" stammen aus den Jahren 2009 und 2010. Beide Gastspiele wurden vom Publikum mit dürftigem Applaus und von der Kritik überwiegend mit herben Verrissen quittiert.

Vienne revanchierte sich bei der Preisverleihung mit dem Hinweis, dass gute Kunst nicht Jahre, sondern Jahrzehnte zum Wachsen brauche, und forderte mehr Geduld. "Ich verlange Respekt. Die Kritik hat sich als nicht intelligent und diskreditierend erwiesen. Die Kritiker sollten wenigstens ein paar Minuten nachdenken, bevor sie Vokabel wie `faul` oder `trendy` verwenden. Wörter wie diese dürfen in Kritiken nicht auftauchen."

Bechtolf: "Dumm"

Sven-Eric Bechtolf, Schauspielchef der Salzburger Festspiele, sagte, es sei dumm, Kritikern zu entgegnen. Das Theater brauche die Kritiker, auch wenn sie manchmal untergriffig, unflätig oder kenntnislos seien und sich manchmal auch bloß irren. "Man bedenke, dass van Gogh zu Lebzeiten kein einziges Bild verkauft hat. Und wenn ich so vollendetes Handwerk sehe wie bei Gisele Vienne, dann kann ich nicht einfach sagen, das sei schlecht. Das YDP ist eine Plattform, auf der man gelegentlich auch gegen Widerstände allein stehen muss", so der Schauspielchef. Allerdings wies Bechtolf zu Beginn der Pressekonferenz darauf hin, dass Theater meistens misslinge und Misserfolg die Regel sei. "Trotzdem müssen wir die Regisseure zum Risiko einladen, Theater darf nicht nur ergebnisorientiert sein, sondern ist immer nur eine Momentaufnahme."

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