Wien Museum: "Hoffnungsfroh, dass wir 2019 wirklich bauen"

Wien Museum: "Hoffnungsfroh, dass wir 2019 wirklich bauen"
Matti Bunzl, Direktor des Wien Museums, über den Aufbau, den Karlsplatz und das Geld

Das Wien Museum am Karlsplatz soll aufgestockt werden. Die Gesamtkosten betragen 108 Millionen Euro.

KURIER: Wann startet denn der Umbau?

Matti Bunzl: So bald wie möglich.

Also gibt es noch keinen Termin?

Es war ein langer Prozess – für die Institution weit über zehn Jahre. Jetzt sind wir in einer euphorischen Situation: Wir haben Ende April die Finanzierung bekommen, Ende Juni die Flächenwidmung. Als Nächstes geht es um die Einreichung und Erteilung des Baubescheids. Parallel müssen Projektleitung und das Bauunternehmen ausgeschrieben werden. Ich kann sagen, was ich mir wünsche. Aber es ist einfach nicht genau benennbar, ein Datum wäre fahrlässig. Ich bin sehr hoffnungsfroh, dass wir 2019 wirklich bauen.

Scheitern könnte es noch am Denkmalamt?

Ich bin guten Mutes, dass das kein Problem ist. Wir haben auf das Engste mit dem Denkmalamt zusammengearbeitet, es war in den gesamten Prozess involviert.

Wie gefällt Ihnen der Entwurf?

Ich und viele im Haus lieben den Haerdtl-Bau. Und der Entwurf geht behutsam und gescheit mit ihm um.

Die neue Kulturstadträtin, Veronica Kaup-Hasler, beruhigte im KURIER-Interview jene, denen der Aufbau nicht gefällt – Stichwort „fette Matratze“: „Man kann entspannt sein: Es wird ja nicht der erste Entwurf umgesetzt; der Aufbau wird durchaus etwas Leichtes und Schwebendes bekommen“, sagte sie. Ist viel anders geworden?

Es schaut überhaupt nicht anders aus. Die Proportionen haben sich minimal geändert. Wir werden den neuen Entwurf bald herzeigen. Ich sehe die Unterschiede, aber die meisten würden das nicht. Wir haben uns gemeinsam mit den Architekten damit auseinandergesetzt, wie der neue Bau nach innen funktionieren wird, was wir im Fugengeschoß machen, wie wir die Büros organisieren, wo die Garderoben für Schulklassen sein sollen...

Wien Museum: "Hoffnungsfroh, dass wir 2019 wirklich bauen"

Aber die Unsicherheit beim Baustart klingt schon ein bisschen nach Horror. Eigentlich sollte bereits 2017 gebaut werden. Wie macht man da Ausstellungen? Ins Blaue hinein?

Das klingt ja fast dystopisch (lacht). Wenn man nicht damit rechnet, dass sich intendierte Daten bei so einem Bauprojekt verschieben, ist man unglaublich naiv. Wir hatten immer Plan A, B und C. Wenn wirklich 2017 Baustart gewesen wäre – man kann diskutieren, wie realistisch das war –, dann hätten wir die Otto-Wagner-Ausstellung woanders gezeigt. Aber es ist keine Krise, die hier im Haus zu haben, mit bisher 60.000 Besuchern. Meine Traurigkeit war enden wollend.

Laut „Falter“ hat es wegen der Verschiebung Tränen gegeben.

(lacht) Sonst wird mir immer vorgeworfen, nicht emotional zu sein! Ich finde Melodramatik in der Kulturpolitik ganz witzig. Wahnsinnig happy war ich an dem Tag nicht.

Wie geht es Ihnen mit der „fette Matratze“-Boulevard-Kampagne gegen den Aufbau?

Mich stört das nicht so sehr. Neue Architektur hat es in Wien – das wusste schon Otto Wagner – immer schwer. Ich finde ja die poetischen Fragen dazu lustiger – welche Matratze ist nicht fett?

Am Karlsplatz ist es noch einmal schwieriger.

Die Entscheidung, nicht zum Hauptbahnhof abzuwandern, sondern am Karlsplatz zu erweitern, war eine stadtplanerische Herausforderung erster Stufe. Was kann man in so einer Lage machen – neben der Karlskirche? Das Wien Museum ist einfach zu niedrig, es war für eine andere Platzkonzeption geplant. Der Entwurf korrigiert das genau auf die Höhe – vom Musikverein, von den Häusern hinter uns. Eine noch einfachere Geste: Es gibt Stufen zum Museum. Eine fatale Symbolik. Die Architekten haben gesagt: Das geht nicht, wir heben die Plaza an und machen einen direkten Fluss aus der Stadt ins Museum. Eine so simple Sache, die fundamental wichtig ist. Keine Barrieren.

Wird das Geld reichen?

Ja. Ich bin absolut zuversichtlich.

Also wird das kein „nächstes Krankenhaus Nord“?

Jedes Großprojekt hat ein Budget. Wenn es gut aufgesetzt wird, wird das eingehalten. Was soll man gegen ein Argument wie „Es wird schrecklich werden“ sagen? Ich kann das Gegenteil beweisen, indem ich es gut mache.

Werden Sie den Aufbau selbst bespielen? Ihr Vertrag läuft bis 2020, gebaut wird bis mindestens 2022.

Was dann passieren wird, ist nur bedingt meine Entscheidung. Es gab darüber noch keine Gespräche. Die Stadträtin hat mit Kunsthalle, Festwochen, Volkstheater personelle Baustellen. Aber natürlich macht es mir wahnsinnig Spaß.

Und was passiert dann auf dem vielen Quadratmetern?

Wir planen auf allen drei Geschoßen des Bestandsbaus eine ganz neue Dauerausstellung. Jetzt sehen wir da großartige Objekte. Aber wer sind die Menschen, die diese Objekte verwendet haben? Wie bettet sich diese materielle Geschichte ein in die Sozial- und Kulturgeschichte? Und wie und wem erzählt man das heute? Es soll ein Ort des Austausches sein, die Bildungsinstitution Nummer eins der Stadt. Es gibt keinen besseren Ort, um Heimat kritisch zu befragen – und zu öffnen.

Und oben, bei den Sonderausstellungen?

Es gibt viele, viele Fantasieprojekte.

Verraten Sie doch Ihr liebstes!

Okay. Eine riesige Frage ist der Klimawandel. Mein Plan ist eine Ausstellung unter dem Titel „Vor dem Klimawandel – Winter in Wien“: Eine Kulturgeschichte der Kälte in der Stadt. Wien war früher kälter, es hat irrsinnig viel geschneit. Da gibt es nostalgische Aspekte – aber auch Sozialgeschichte: Wie haben die Menschen geheizt, was hieß das ökologisch? Und die Frage, was es heißt, dass sich das geändert hat. Das kann man in so einer Ausstellung deutlich machen.

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