Wenn das Orchester die Hauptrolle spielt

Das Staunen blieb auch dieses Mal nicht aus. Ob der Magie der Musik, der Orchestrierungskunst, der Ideenfülle, schlicht ob der Größe des Richard Strauss.
Seine "Salome" ist ein Schlüsselwerk der Oper des Fin de Siècle. Ein genialer Wurf des damals 40-jährigen Komponisten. Strauss hatte die seiner künstlerischen Individualität gemäße Form des musikalischen Dramas gefunden. Eindreiviertel Stunden Spannung mit beinahe angehaltenem Atem.
Die Wiener Staatsoper bietet aktuell (noch am 19., 23. und 27. Jänner) eine sehr gute Besetzung dieser Oper an. Die Vorstellung am Donnerstag (auch bei der 213. Aufführung ist Jürgen Roses Ausstattung atmosphärisch schön) überzeugte bis in die kleinsten Rollen.
Catherine Naglestad als Salome konnte ihre Stimm- und Bühnenpräsenz im Lauf des Abends steigern und gestaltete schließlich eine formidable Schlussszene. Was Expressivität und Ekstase betrifft, gibt es bei ihrer Salome noch Luft nach oben. Ebenso wie in der Interaktion mit Johanaan (eindringlich Tomasz Konieczny).
Eine Prise Komödiantik
Von Beginn an beeindruckende Charakterdarstellungen lieferten Herwig Pecoraro als Herodes und Elisabeth Kulman als Herodias. Ihr schauspielerischer Einsatz bescherte dem Musikdrama sogar eine Prise Komödiantik. Norbert Ernst reüssierte bei seinem Rollendebüt als Narraboth stimmlich in vollem Maße. Sein Bühnenselbstmord allerdings ist ausbaufähig.
Das Orchester der Wiener Staatsoper – das eigentliche Ereignis dieser Produktion – entfaltete sein ganzes Potenzial unter Simone Youngs präziser Leitung. Hochkonzentriert hält sie die Zügel fest in der Hand und sorgt für eine gute Balance zwischen Graben und Bühne. Und beim Schleiertanz lief die Dirigentin der Salome-Darstellerin bewegungstechnisch den Rang ab.
(Marion Eigl)
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