Abschied vom ewigen "Mariandl": Zum Tod von Waltraut Haas

Abschied vom ewigen "Mariandl": Zum Tod von Waltraut Haas
Sie war "Mariandl" und die "Rössl-Wirtin", ihr Lächeln prägte das österreichische Nachkriegskino: Waltraut Haas ist mit 97 Jahren gestorben.

Es gibt kein Gesicht, das die heile Welt, nach der sich das Nachkriegsösterreich sehnte, mehr repräsentiert hat als Waltraut Haas. Ein unschuldiges junges Mädchen-Antlitz, umrahmt von engelhaft blonden Locken. Mit glockenheller Stimme, die zur Zither ein Lied anstimmt und in den Wachauer Donaublick hineinsingt. 

Ein friedlicher Anblick. Das war Waltraut Haas in dem Film, der sie berühmt machte und der ihr für immer einen Stempel aufprägte: „Der Hofrat Geiger“.

Der Film gehörte so sehr zu Waltraut Haas’ Leben, dass sie über Jahre hinweg insgesamt drei Rollen daraus gespielt hat. 1947 spielte sie das Mariandl, das ihren unehelichen Vater wiederfindet, 1961 war sie in einem Remake Mariandls Mutter, die einst von diesem Mann stehengelassen wurde, und 2011 gab sie 84-jährig in einer Bühnenversion die Ziehoma ihrer Durchbruchsrolle. Ihr Sohn Marcus, der Regie führte, sagte damals charmant: „Sie muss drei Stunden in der Maske sitzen, dass sie so alt aussieht.“

Süß und resch

Waltraut Haas’ Spezialität war ein süßes Lächeln, aber eines, bei dem unter dem erwartbaren Kitsch eine gewisse Spitzbübigkeit hervortrat. Besonders schön zeigte sich diese Gabe in „Im weißen Rössl“ 1960 als resche Wirtin. Kitsch gab es genug in den Filmen der 50er und 60er, in denen sie ihren österreichischen Filmstarstatus zementierte. Davon zeugen schon die Titel der Filme: „Du bist die Rose vom Wörthersee“, „Das Mädchen vom Pfarrhof“ oder „Die Stimme der Sehnsucht“. Dafür hat sich die Vollblutkomödiantin nie geschämt und sie scheute sich auch nicht, Journalisten zurechtzuweisen, die ihr das einreden wollten.

Schauspielerin wollte Haas schon werden, als sie noch ein kleines Mädchen war. Und schon da nahm sie die Dinge selbst in die Hand. Ihre Mutter Stefanie, die nach dem frühen Tod des Vaters zwei Kinder allein großzog, führte eine Gastwirtschaft im Stöckl im Schönbrunner Schlosspark (das besteht immer noch beim Hietzinger Tor). Die kleine „Traute“ trommelte die Kinder aus der Umgebung zusammen, die mit ihr Theater spielen mussten. Ihre Intendanz war eher unbarmherzig, erzählte die Mutter einmal, wer nicht spurte, dem wurde das Engagement rasch wieder entzogen. Eine fixe Stelle hatte der zwei Jahre jüngere Bruder, der musste die Kassa betreuen. Geschäftstüchtig war sie nämlich auch.

Abschied vom ewigen "Mariandl": Zum Tod von Waltraut Haas

In "Mariandl", dem Remake von "Der Hofrat Geiger", spielte Haas die Mutter der Rolle, die sie berühmt gemacht hat

Abschied vom ewigen "Mariandl": Zum Tod von Waltraut Haas

Mit Peter Alexander lud sie ins "Weiße Rössl"

Ersatzvater Hans Moser

Schauspielgröße Paul Hörbiger, Stammgast im Lokal, riet der heranwachsenden Waltraut Haas, eine Schauspielschule zu besuchen. Das tat sie, sie bekam auch Gesangsunterricht und stand schon bald auf der Bühne. Oder auf Bühnen – im Landestheater Linz spielte sie zwei Stücke an einem Tag. Wenn die Aufführung im Keller abends begonnen hatte, musste sie noch einmal zur Schlussszene der „Czárdásfürstin“ auf der großen Bühne hinaufhechten. Solche Anekdoten erzählte Haas mit großer Freude an der Nostalgie und mit diesem unnachahmlichen, feinen Hochdeutsch-Wienerisch, das man heute kaum mehr hört.

Ihre Filmkarriere brachte ihr Beziehungen zu Menschen, die ebenso für diese besondere Zeit des österreichischen Films standen: Hans Moser, mit dem sie nicht nur für „Der Hofrat Geiger“ oder „Hallo Dienstmann“ vor der Kamera gestanden ist, wurde ihr ein beschützender Vaterersatz – und sie seine wahrscheinlich einzige weibliche Stimmen-Imitatorin. Peter Alexander, der sie im „Weißen Rössl“ mit allerlei Schlagerhits und Slapstick umwarb und mit dem sie bereits 1949 in der Operette „Abschiedswalzer“ am Wiener Bürgertheater aufgetreten war, wurde ein Freund. Wohl ein Unikat in der Filmgeschichte ist die Hochzeit von Waltraut Haas und Erwin Strahl. Die wurde 1966 vom ökonomisch denkenden Regisseur Franz Antel mitgefilmt und gleich in einem Film verwertet. Nur die Zeremonie in der Kirche konnte das Brautpaar der Regielegende gerade noch „entreißen“.

Rückzug auf die Bühne

„00 sex am Wolfgangsee“ (später „Happy-End am Wolfgangsee“) hieß dieser Film. Und weil sich die leichte Muse, in der Waltraut Haas eigentlich zu Hause war, immer mehr hin zu anzüglichen Klamotten entwickelte, zog sich Haas aus dem Filmgeschäft zurück und ließ sich gern und oft auf der Bühne von ihrem Mann inszenieren.

Die Vielseitigkeit als Schauspielerin zu entfalten, die ihr als junge Frau attestiert worden war, stand nicht auf ihrem Lebensprogramm. Man hat nicht das Gefühl, dass Waltraut Haas dem je nachgetrauert hat. Am Mittwoch ist sie mit 97 Jahren gestorben. Sie hat etwas anderes hinterlassen: Einer erschrockenen Generation wieder das Schöne zu zeigen. Und nicht nur ihr.

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