Verschollenes Freud-Bildnis im Jüdischen Museum entdeckt: Vermutlich Raubkunst

Das Jüdische Museum Wien besitzt ein von Wilhelm Victor Krausz gemaltes Sigmund-Freud-Porträt. Bisher ging man davon aus, dass es sich um eine Atelierskopie des Wiener Künstlers handelt, das Original als NS-Raubgut verschollen ist. Doch es handelt sich „mit großer Wahrscheinlichkeit um das Originalgemälde von 1936“, hieß es in einer Aussendung der Sigmund Freud Privatstiftung vom Montag. Zu dieser Erkenntnis kam man bei Recherchen zu einer Sonderausstellung im Sigmund Freud Museum.
1936 malte Krausz den damals schon weltberühmten Freud in seinem Sommerdomizil in Grinzing. Neben dem „Original“, das Freuds Bruder erstand, fertigte der Wiener Porträtist noch zwei Atelierskopien an. Nach dem „Anschluss“ 1938 flüchtete Alexander Freud über die Schweiz nach Großbritannien und emigrierte 1940 nach Toronto, Kanada, wo er 1943 starb.
In den Nachkriegsjahren blieb die intensive Suche nach verlorenen Familienstücken erfolglos, letzte Spuren finden sich auf einem Gestapo-Bescheid für die Beschlagnahmung des gesamten Mobiliars von Alexander Freud aus dem Jahr 1940.
Erstmals wurde das Bildnis 2006 im Wiener Auktionshaus im Kinsky aus einer „österreichischen Privatsammlung“ in die USA verkauft. 2019 wurde es im selben Auktionshaus ein weiteres Mal angeboten und von den Freunden des Jüdischen Museums für seine ständige Sammlung erworben. Trotz sorgfältiger Überprüfung konnte damals nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Werk um Raubkunst bzw. das Original handelt, hieß es in der Aussendung vom Montag.
Dokumente des Unrechts
Das Kuratorinnenteam des Sigmund Freud Museums stieß 2025 im Zuge der Recherchen zur Ausstellung „Der Fall Freud. Dokumente des Unrechts“ auf ein der Öffentlichkeit bisher nicht zugängliches Foto von der Wohnung Alexander Freuds. Darauf ist das originale Porträt zu sehen, das mit dem Gemälde im Jüdischen Museum übereinzustimmen scheint.
Bernhard Brandstätter, Leiter der Abteilung Moderne und Zeitgenössische Kunst im Dorotheum Wien, wurde als Experte hinzugezogen und kommt auch zum Schluss, dass es sich „nur um ein und dasselbe Bildnis handeln kann“. Diesen Erkenntnissen entsprechend wandte man sich mit einer Anfrage an das Auktionshaus im Kinsky in der Hoffnung, mehr über die Provenienz des Gemäldes herauszufinden. In einem weiteren Schritt wird der Fall der Wiener Restitutionskommission übergeben. Das originale Freud-Bildnis ist als Leihgabe ab 24. Oktober in der Sonderausstellung zu sehen.
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