Veronica Ferres: „Österreicher haben großartiges Selbstbewusstsein"

Eine Frau im Blazer lehnt an einem verzierten Kamin mit Spiegel.
Derzeit dreht Veronica Ferres neue Folgen der Krimireihe „Alpentod“. Warum sie österreichische Fans besonders mag und was sie von ihnen gelernt hat.

In der Serie „Call My Agent Berlin“ spielt Veronica Ferres aktuell sich selbst. Sie möchte Stand-up-Comedienne werden – auch wenn niemand lacht. Solche Hürden bei der Rollenauswahl sind Ferres in ihrer über 30-jährigen Karriere in Film und Fernsehen nicht fremd gewesen. Allein ihre Größe von 1,80 Meter verhagelte ihr früher manches Engagement. Das ging so weit, dass ihre Agentin versprach: „Sie kann auch klein spielen“. Die neue Serie zeigt: Heute kann sich Ferres über so etwas lustig machen. Im KURIER-Interview sprach die 60-Jährige , die für die KURIER-ROMY als beliebteste Schauspielerin TV/Streaming nominiert ist, über ihre besondere Beziehung zu österreichischen Fans und ihre Krimiserie „Alpentod“.

Kurier: War die Rolle einer Serien-Ermittlerin in „Alpentod“ etwas, das Ihnen noch auf Ihrer „Das will ich einmal spielen“-Liste gefehlt hat?

Veronica Ferres: Ich glaube, ja. Die Rolle habe ich mir richtig erkämpft. Ich wurde zu einem Casting eingeladen und ich mache das auch gerne, denn so wissen die Regie, der Sender und die Produktion, mit wem sie es dann jetzt viele Monate zu tun haben. Bei der Reihe „Alpentod“ geht es ja stark darum, welche Chemie die drei Hauptrollen miteinander haben. Da ist es für die Produktion schon wichtig vorab : Bringen die diese Unterschiedlichkeit mit, die wir uns für die jeweilige Rolle wünschen?

Wird es mit „Alpentod“ weitergehen?

Ja, wir drehen jetzt gerade wieder. Folge 1 und 2 haben wir vergangenes Jahr zur selben Zeit zwei Monate lang in und um Salzburg gedreht. Das sind 40 Drehtage am Stück, da bin ich dann voll fokussiert und komme erst nach meinem letzten Drehtag wieder an die Oberfläche. Ein ganz normaler Tieftauchgang. Wenn man so dreht, ist man wirklich in einem Tunnel. Die Familie besucht mich, ansonsten werde ich Salzburg genießen, auch an freien Wochenenden. Ich habe dieser Stadt so viel zu verdanken. Überhaupt Österreich.

Warum ist Ihre Beziehung zu Österreich besonders?

Ich habe selten so eine Liebe und so ein Interesse für Künstlerinnen und Künstler erlebt, wie die Österreicher sie haben. Ich habe aber auch schon eine lange gemeinsame Geschichte mit Österreich. Hier habe ich meine erste Serie gedreht, „Samen des Bösen“, mit Towje Kleiner, da habe ich eine Staatsanwältin gespielt. Und auch sehr viele Filme sind hier entstanden, wie „Klimt“ mit John Malkovich, mit Christiane Hörbiger „Die kleine Lady“ und „Die lange Welle hinterm Kiel“. Ich war in der allerersten Folge von „Kommissar Rex“ mit Tobias Moretti. Und dann durfte ich ja viele Jahre die Buhlschaft im „Jedermann“ in Salzburg spielen. Dafür wurde ich sogar zur besten Buhlschaft aller Zeiten gekürt, was mich sehr geehrt hat.

Sind die österreichischen Fans denn anders?

Wenn ich hier zum Beispiel in ein Taxi steige, weiß der Taxifahrer über meinen letzten Film Bescheid. Heute morgen ist mir das auch passiert, und mein Fahrer wusste über die Serie „Call My Agent Berlin“ Bescheid. Die Menschen wissen, was im Burgtheater läuft, da ist einfach ein großes kulturelles Interesse vorhanden. Das haben wir so in Deutschland weniger. Ich mag Österreich sehr und komme auch manchmal nur für einen Besuch in der Staatsoper oder im Burgtheater hier her und fahre am nächsten Tag wieder heim.

Haben Sie auch etwas von Ihren Fans gelernt?

Ich weiß noch, als ich mit Maximilian Schell „Die Rückkehr des Tanzlehrers“ gemacht habe, da hat einmal ein Taxifahrer zu mir gesagt: „Frau Ferres, jetzt hab ich sie immer so gut leiden können. Aber, wie sie da um sich geschossen haben auf den Maximilian Schell, das hat mir überhaupt nicht gefallen. Das lassen ’S bitte, diese bösen Rollen.“ Dabei liebe ich diese Verschiedenartigkeit! Das habe ich ihm auch versucht, zu erklären. Und er sagte dann: „Nein, nein, sie sind eine gute. Bleiben ’S schön brav.“ Das ist auch Kritik und das ist wunderbar. Die Österreicher haben ein großartiges Selbstbewusstsein, eine Haltung und eine Meinung. Ich mag diese Art von Kritik und nehme sie an.

In Ihrer Rolle in „Call My Agent Berlin“ spielen Sie sich selbst als eine Veronica Ferres, die Stand-up-Comedienne werden will – aber leider nicht lustig ist. Kennen Sie den Kampf gegen die Rollenschublade?

Natürlich, schauen sie sich meinen Lebensweg an. Als „Schtonk!“ Oscar- und Golden-Globe-nominiert war, da war ich 27 Jahre alt. Ich habe bis dahin nur Theater gespielt, bis zum Bayerischen Staatstheater, dem Düsseldorfer Schauspielhaus. Das hat niemanden interessiert. Meine Eltern waren Kartoffel- und Kohlehändler – sehr gebildete Leute, wir drei Kinder haben alle studiert –, und deshalb haben alle so getan, als wäre ich direkt aus der Ackerfurche des Kartoffelackers gekrochen und bin jetzt im Oscar-nominierten Film. Dass da eine harte Ausbildung dahinter war, unter anderem von Prof. Margret Langen vom Max-Reinhardt-Seminar, ein Studium der Theaterwissenschaften, der Germanistik und der Psychologie – weil ich finde, dass ein Schauspieler, der die Figuren seziert und wieder zusammensetzt, auch ein guter Psychologe sein muss – dahinter steckt, das hat die alle nicht interessiert.

Wenn Ihr heutiges Ich Ihrem damaligen Ich eine Botschaft schicken könnte, was wäre die?

Verschwende nicht so viel Lebenszeit, darüber nachzudenken, ob du schön genug bist, gut genug gekleidet bist. Ich habe damals so viel Kritik bekommen, weil ich ein Kleid zweimal anhatte! Ich hatte das Geld einfach nicht. Dafür hat die Presse mich damals sehr kritisiert. Heute wäre ich eine Vorreiterin für Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Kümmere dich nicht so sehr darum, was andere sagen, sondern folge deiner inneren Stimme. Ich habe nie in die Norm gepasst, ich war immer zu groß, zu dick oder hatte zu viel Busen. Ich habe so viele „Neins“ gehört. Deshalb würde ich mir sagen: Lass dich nicht von den Neinsagern in deinen Träumen einengen, sondern verfolge sie zielstrebig und konsequent weiter.

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