Verleger Wolf Jobst Siedler gestorben
Die Bücher aus seinen Verlagen lösten heftige Debatten aus und prägten über viele Jahre die Sicht auf die deutsche Geschichte mit: Wolf Jobst Siedler, einer der bedeutendsten Verlegerpersönlichkeiten der Nachkriegszeit, ist tot. Siedler starb am Mittwoch im Alter von 87 Jahren, wie sein Sohn Wolf Jobst Siedler junior der Nachrichtenagentur dpa in Berlin sagte.
Er sei "nach langer Krankheit friedlich im Kreis seiner Familie eingeschlafen".
Fast 20 Jahre lang leitete Siedler die Verlage Ullstein und Propyläen sowie von 1980 bis 1998 den von ihm zusammen mit Jochen Severin gegründeten Siedler Verlag. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte Siedler einen engagierten Intellektuellen, der kenntnisreich für seine Überzeugungen argumentiert habe.
Bei Propyläen erschienen internationale Bestseller wie die Hitler-Biografie des Publizisten Joachim Fest sowie die Tagebücher von Hitlers Architekten und Rüstungsministers Albert Speer. Mit Daniel Goldhagens Werk "Hitlers willige Vollstrecker" in seinem eigenen Verlag löste Siedler Ende der 90er Jahre eine heftige öffentliche Diskussion über den Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft aus.
Klassiker
Als Klassiker auf dem Gebiet der modernen Architektur gilt Siedlers Buch "Die gemordete Stadt" von 1964 über Bausünden im westlichen Nachkriegs-Berlin. Das ökonomisch erfolgreichste Buch seiner Verlegerkarriere war allerdings die 1972 erschienene "Möwe Jonathan" von Richard Bach.
Der am 17. Jäner 1926 in Berlin geborene Siedler wurde 1943 als Marinehelfer zum Kriegsdienst eingezogen. Nach abfälligen Bemerkungen über das NS-Regime wurden er und Ernst Jünger, ältester Sohn des Schriftstellers, wegen "Wehrkraftzersetzung" vor ein Feldgericht gestellt und nach neun Monaten Haft an die italienische Front geschickt.
Nach britischer Kriegsgefangenschaft kehrte Siedler nach Berlin zurück und studierte Philosophie und Germanistik. Von 1953 bis 1956 war er Generalsekretär des "Kongresses für die Freiheit der Kultur" in Berlin. Ab 1954 arbeitete er als Feuilletonredakteur der "Neuen Zeitung" und ging danach zum " Tagesspiegel". 1963 wurde er Chef des Propyläen Verlages.
Im Siedler Verlag erschienen unter anderem die Gesamtausgabe des Nachlasses von Konrad Adenauer in zehn Bänden sowie die Memoiren von Michail Gorbatschow, Richard von Weizsäcker, Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß. Von 1955 bis 1963 leitete Siedler das Feuilleton des Berliner "Tagesspiegels". Auch kulturpolitisch war die Stimme des Publizisten von Gewicht, sodass er auch immer wieder als Berliner Kultursenator im Gespräch war, was er jedoch stets ablehnte. 2000 und 2004 erschienen die beiden Bände seiner Memoiren.
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