Twenty One Pilots: Ambitionierte Show, wenig originelle Songs

Twenty One Pilots: Ambitionierte Show, wenig originelle Songs
Das amerikanische Erfolgs-Duo trat Sonntag in der ausverkauften Stadthalle von Wien auf.

1.88 Sekunden hielt es das Publikum von Twenty One Pilots Sonntagabend in der ausverkauften Wiener Stadthalle aus, das Duo nicht zu bekreischen. Aber die Tatsache, dass die Fans der Amerikaner vorwiegend weiblich und sehr jung sind, macht das „Quiet Game“, bei dem eine fette Uhr auf der LED-Wand hinter der Bühne stoppte, wie lange die Wiener ruhig bleiben können, nicht leichter. 

Aber auch ältere Semester ließen sich von der zweistündigen Show von Frontmann Tyler Joseph und Drummer Josh Dun mitreißen. Die beiden, die mit dem 1,5 Millionen Mal verkauften Album „Blurryface“ 2015 von Indie-Helden in den Mainstream aufgestiegen waren, bieten ja auch eine ambitionierte, kurzweilige Show.

Twenty One Pilots: Ambitionierte Show, wenig originelle Songs

Maskenmann Tyler Jospeh

Sie beginnt mit einem brennenden Auto, auf dem Joseph herumtanzt, während er „Jumpsuit“ singt und Dun auf einem Podest daneben wie ein Berserker auf die Felle drischt. Und wieder haben die beiden die berühmten Masken auf. Einst, als sie in den Clubs von Columbus/Ohio begannen, waren die für die Newcomer ein Mittel, einerseits die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, gleichzeitig aber auch dazu da, den Fokus anstatt auf die Musiker auf die Inhalte der Songs zu lenken.

Twenty One Pilots: Ambitionierte Show, wenig originelle Songs

Drummer Josh Dun

In der Stadthalle dauert es jetzt aber nur zwei Songs, bis die Masken fallen und Twenty One Pilots richtig loslegen. Schnell ist klar: Da sind zwei musikalische Talente am Werk. Joseph wechselt in der Folge zwischen Bass, einem Pianino und einer Ukulele hin und her. Dun trommelt perfekt im Timing zu den Backing-Tracks (eine Band haben die beiden nicht). Dabei sind seine Rhythmen komplex und extrem variantenreich. Er macht möglich, dass das Duo mühelos und permanent zwischen Hip-Hop, Ska, Indie und Pop wechseln kann. 

Allerdings übersetzt sich das Talent der beiden leider nicht in eine unverwechselbare musikalische Identität, die sie diesem breiten Stilmix aufdrücken können. Mal klingt das Duo nach Eminem, mal nach Imagine Dragons und bei „We Don’t Believe What’s On TV“ mischt sich sogar Country-Flair dazwischen. 

Twenty One Pilots: Ambitionierte Show, wenig originelle Songs

All das ist schon recht unterhaltsam, zumal Twenty One Pilots auch nicht auf hymnische Melodien vergessen. Allerdings fehlt es ihnen auch dabei an Markantem und Originellem. „Heathens“ und „The Judge“ sind nette Pop-Nummern, aber keine zwingenden Hits – nichts, was man nicht auch überall anders zu hören bekommt. Dazu kommt, dass eben Vieles von der Konserve eingespielt wird und so nicht die Vitalität und die berührende Präsenz echter Live-Musik hat. Am besten sind Twenty One Pilots, wenn Joseph ohne Backingtracks nur von Dun begleitet am Klavier seine Songs anstimmt oder zu Ende bringt.

Twenty One Pilots: Ambitionierte Show, wenig originelle Songs

Tyler Joseph hat keine Höhenangst

Zweifellos aber liefern die beiden eine sehenswerte Show mit Akrobatik und Magie: Einmal fällt Joseph (oder ein Double, das man für ihn halten soll) von einer der beiden Hebe-Podeste in ein Loch in der Bühne, nur um Sekunden später auf der Nordtribühne aufzutauchen und weiterzusingen. Nach einem Intermezzo auf einer Bühne in der Mitte der Halle, erklimmt er am Ende eine gerade mal einen Quadratmeter große Plattform auf einem meterhohen Turm. Dun springt einen Rückwärtssalto vom Pianino und geht später samt seinen Drums Crowdsurfen, spielt ein Solo auf einer Platte, die von den Fans in den ersten Reihen hoch gehalten wird.

Twenty One Pilots: Ambitionierte Show, wenig originelle Songs

Twenty One Pilots mögen vielleicht nicht die spannendsten Songs in ihrem Repertoire haben. Wie sie aus allem, was ihnen zur Verfügung steht, das Optimum rausholen können, wissen sie aber genau.

 

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