Tunesischer Graffitikünstler beklagt Zensur

Drei satirische Poster zur tunesischen Politik mit religiösen und „Star Wars“-Motiven.
Der tunesische Graffitikünstler Elecktro Jaye wurde von der aktuell stattfindenden Kunstmesse "Printemps des Arts" ausgeschlossen.

Der tunesische Graffitikünstler Elecktro Jaye, der an der noch bis zum 10. Juni in Tunis stattfindenden Kunstmesse "Printemps des Arts" hätte teilnehmen sollen, bezichtigt nun die Veranstalter der Zensur, da eine seiner Arbeiten kürzlich aus dem Ausstellungsprogramm entfernt wurde. Die Veranstalter wehren sich jedoch gegen die Anschuldigung. Meinungsfreiheit ist nach wie vor ein heikles Thema in Tunesien.

In seiner farbenfrohen Posterserie befindet sich unter anderem ein Sujet, das einen Davidstern, ein Kreuz und einen Halbmond zeigt. Das Poster trägt die Überschrift "République Islaïque de Tunisie", wobei das Wort "Islaïque" ein Wortspiel aus den Wörtern "Islamique" (Islamisch) und "laïque" (laizistisch) ist. Der wörtlich übersetzte Titel "Islamisch Laizistische Republik Tunesien" steht für die von zahlreichen Protestierenden geforderte Trennung von Kirche und Staat.

"Einer der Veranstalter sagte mir, es hätte Druck von Seiten des Staates gegeben, mein Kunstwerk aus dem Programm zu nehmen, weil es zu politisch ist und vielleicht Probleme bringt", so der Künstler gegenüber Tunisia Live. Um ihrer Solidarität Ausdruck zu verleihen, haben auch andere Künstler ihre Werke aus dem Programm genommen.

Von Seiten des Festivals hieß es jedoch, es würde sich um ein Missverständnis handeln. "Wir haben auch andere kontroverse Kunstwerke ausgestellt und haben nicht die Absicht, diese zu entfernen", kontert Veranstalter Sadok Hendaoui gegenüber Tunisia Live. Es gab offensichtlich die Order, den Innenhof doch nicht zu bespielen; deshalb soll das besagte Bild entfernt worden sein. Andere Werke mit Bezug zur islamischen Ennahda-Partei und zum Salafismus blieben hingegen im Programm. Künstlerkollege Zied Ben Chiekh, auch ZED genannt, bezeichnet Jaye`s Arbeit als "unnötige Provokation".

Heikle Situation

Zwei Jungen gehen an einer Wand mit Schwarz-Weiß-Porträts vorbei.

Diese Auseinandersetzungen zur "Printemps des Arts"-Kunstmesse beschreibt die heikle Situation im heutigen Tunesien ganz gut. Als im letzten Oktober ein TV-Sender den französischen Zeichentrickfilm "Persepolis" über die Islamische Revolution im Iran zeigte, wurde der Sender von Salafisten der Ketzerei beschuldigt. Eine aufgebrachte Menge setzte zudem das Haus von einem der Verantwortlichen in Brand.

Eine ähnliche Situation gab es, als das Projekt "INSIDE OUT: Artocracy in Tunisia" ins Leben gerufen wurde, bei dem die Fotos von normalen Bürgern an öffentlichen Orten gezeigt wurden, wo sonst nur der Präsident zu sehen ist. "Nach 50 Jahren der Stille wollen die Leute reden und diskutieren", so Marco Berrebi, einer der Fotografen des Projekts gegenüber Al-Jazeera. "Wenn Leute die Plakate abreißen oder etwas darauf schreiben, dann ist das ok. Das ist Teil des Projekts", so Berrebi weiter.

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