Tschetschenien: Künstler dürfen nur noch mit offizieller Erlaubnis auftreten

Kulturminister: „Vorbei sind die Zeiten, in denen alles Mögliche gesungen wurde, alle tanzten, wie sie wollen und machten, was ihnen in den Sinn kam“.

Sänger und Tänzer dürfen in der russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus nach einer Standpauke des Kulturministers nicht mehr ohne offizielle Erlaubnis auftreten. Verboten ist demnach vor allem auch, ihre Darbietungen in sozialen Netzwerken wie Youtube zu veröffentlichen.

Der nach der tschetschenischen Hauptstadt benannte Staatssender Grozny.tv zeigte eine Reportage, in der der regionale Kulturminister Chosch-Baudi Daajew Youtuber und andere Künstler in die Schranken weist. Er warf den selbstständigen Künstlern vor, mit ihren Aufführungen das Bild der Nationalkultur des tschetschenischen Volkes zu verzerren.

Es gebe eine von Republikchef Ramsan Kadyrow eingesetzte Kommission, ohne deren Erlaubnis niemand auftreten dürfe, betonte der Minister. „Vorbei sind die Zeiten, in denen alles Mögliche gesungen wurde, alle tanzten, wie sie wollen und machten, was ihnen in den Sinn kam“, sagte er in einer vom Internetportal www.kavkaz-uzel.eu übersetzten russischen Fassung. „Es ist Ordnung hergestellt, in der Republik gibt es einen Chef, es gibt Machtstrukturen, und es gibt Disziplin - wir erlauben niemanden, sich lustig zu machen.“

In der TV-Reportage mussten die Künstler auch sagen, dass sie Lieder falsch gesungen hätten. Der tschetschenische Blogger Tumso Abdurachmanow sagte in einem Beitrag bei Youtube, dass es den tschetschenischen Machthabern nicht um den Schutz der Kultur, sondern um finanzielle Interessen gehe. Auf diese Weise würde der Markt von der Konkurrenz offiziell nicht anerkannter Künstler gesäubert. Diese jungen Sänger und Tänzer seien extrem beliebt und oft auch preiswerter im Engagement als die „Kadyrow-Künstler“.

Der Blogger kritisierte auch, dass sich die tschetschenischen Machthaber Dinge herausnähmen, die es auf nationaler Ebene in Russland nicht gebe. Es sei bisher undenkbar, dass der russische Kulturminister in Moskau im Internet populäre Künstler zu sich zitiere, um ihnen Vorschriften zu machen. Menschenrechtler kritisieren seit langem, dass Kadyrow Tschetschenien wie eine Diktatur führe, ohne dass die Machtzentrale in Moskau dort eingreife und die russischen Gesetze durchsetze.
 

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