Finaler Surrealismus mit einem Tenor großer Klasse
Vittoria, vittoria!": Strahlend, mühelos, kraftvoll schmettert er die Spitzentöne und die Freude über den Sieg Napoleons hinaus, nachdem er triumphierend Scarpias Schreibtisch erklommen hat und bevor er von den Schergen des wütenden römischen Polizeichefs in die Todeszelle weggeschleppt wird. Dieser Cavaradossi von Demos Flemotomos, dessen schöner Tenor über viel Schmelz, reiche Emotionen und mühelose Höhen verfügt, ist eine ganz große Klasse. Auch sonst wartet Giacomo Puccinis " Tosca" am Grazer Opernhaus musikalisch mit respektabler Qualität auf: Andrea Danková ist eine leidenschaftliche Titelheldin mit schönem, nur manchmal zu gleichförmig geführten Sopran. Wilfried Zelinka hingegen ist ein viel zu zahmer Scarpia, weswegen man eigentlich nicht versteht, warum seine Schergen vor ihm erzittern.
Mitreißend und differenziert versteht es Dirk Kaftan am Pult, im Grazer Philharmonischen Orchester spannende Momente aber auch duftige Klangschönheit und durchhörbare Zartheit zu erzeugen.
Die Bühne: Anstelle der katholischen Kirche Sant’ Andrea della Valle sieht man eine mit Mosaiken und Ikonen verzierte orthodoxe Krypta. Extrem nüchtern und beengt ist das weiße Zimmer Scarpias (Alfred Peter), beides wird im letzten Akt kombiniert. Elegant sind die Kostüme (Bettina Walter).
Während Alexander Schulin die beiden ersten Akte konventionell ablaufen lässt, ist der Letzte, vermutlich um eine Neudeutung versucht, surreal angelegt. Personen gehen rückwärts, kommen und verschwinden wieder. Von Anfang an sieht man Tosca als Projektion im Hintergrund nach Ihrem Sprung durch die Luft schweben. Schließlich erklimmt sie tatsächlich den Schreibtisch des Scarpia und springt: Insgesamt etwas verkrampft und an packendem Realismus fehlend. So wirken auch die Folterszene und die Ermordung Scarpias recht harmlos.
Viele Bravi und einige Buhs, seltsamerweise für den Dirigenten.
(Text: Helmut Christian Mayer)
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