Thirty Seconds To Mars live: Inhaltslose Publikums-Anmache

Thirty Seconds to Mars, Konzert
Sänger Jared Leto bemühte sich in Wien um sein Publikum - nachdem er es beschimpfte.

Was für ein Beginn beim Konzert von Thirty Seconds To Mars in der Wiener Stadthalle: Keine ganze Minute hat Frontmann Jared Leto gesungen und schon unterbricht er, stoppt den Song und beschimpft sein Publikum mit jenem Ausdruck, den Prince einst nach dem Wort „Sexy“ in einen Songtitel gehoben hat. Denn er will -  jetzt und sofort -, dass alle hüpfen. Aber wie wär’s, wenn er uns erstmal einen Grund dafür gäbe?

Klar, Leto ist ein großartiger Schauspieler, hat einen hochverdienten Oscar daheim. Das allerdings - darauf besteht er ja so stur und bockig - darf nicht der Grund für seine Musiker-Erfolge sein. Also wo sind sie dann, die Töne, die Akkordkombinationen, die Textzeilen, die unter die Haut gehen, faszinieren und die geforderte Euphorie auslösen?

Sie werden nicht kommen. Die ganze Show lang nicht. Denn der Beginn ist symptomatisch für das, was Thirty Seconds To Mars machen: Inhaltsbefreite Publikums-Anmache, die in ihrer über fast zwei Stunden gespannten Penetranz bald langweilt und ermüdet. Und das gilt für fast alle Elemente des Gebotenen. 

Thirty Seconds to Mars

Thirty Seconds to Mars

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Thirty Seconds to Mars

Thirty Seconds to Mars

Thirty Seconds to Mars

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Thirty Seconds to Mars

Es beginnt beim Sound, der zahnlos zwischen wuchtigem Pop, und hymnischen Stadionrock pendelt. Es geht weiter bei den Songs, die durchwegs abgenützte und hundertmal wo anders gehörte Melodiefolgen breittreten. Und es gilt vor allem anderen für die aufdringlichen „oh oh oh“- Refrains, die in wirklich keinem Song fehlen, egal ob es der frühe Hit „This Is War“ ist, oder „Up In The Air“ aus der Mittelphase der fast 20-jährigen Bandgeschichte, oder „Rescue Me“ vom vor einer Woche erschienenen Album „ America“. Speziell dessen Texte wären so gern so gescheit, so politisch und sozial engagiert, transportieren aber oftmals nur heiße Luft. Und die anderen sind schlicht bis unbeholfen formuliert.

Dazu kommt das Auftreten von Leto, der  -  mit Jesus-Frisur und salbungsvollen Gesten - anfangs sehr arrogant rüberkommt. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass nur er und sein Bruder Shannon auf der Bühne stehen. Gitarrist Tomislav „Tomo“ Miličević kann aus persönlichen Gründen zur Zeit nicht dabei sein. Aber die Begleit-Musiker sind in einen Graben hinter der Bühne verbannt. 

Thirty Seconds to Mars, Konzert

Immer wieder holt sich Leto Fans aus dem Publikum auf die Bühne, spricht mit ihnen, lässt sie tanzen, und Isabella aus Amstetten sogar von ihrem Verlobten erzählen. Von Mal zu Mal wirkt er dabei weniger überheblich, weniger wie der Schauspieler, der weiß, wie man mit Massen arbeitet, und mehr wie ein Musiker, der sein Publikum ehrlich mag. Seine Stimme ist schön, hat aber kein Flair, keinen Charakter. Das wird besonders deutlich, als er „Stay“ von Rihanna anstimmt. Dieser beste Song des Abends wird bei ihm zu einer bemerkenswerten Melodie. All die Verletzlichkeit, Traurigkeit und Sehnsucht, die die Pop-Diva hineingelegt hat, ist bei ihm wie weggeblasen.

Das Konzert hat aber auch Positives. Allen voran die Spielfreude und Virtuosität von Shannon an seinen Drums. Auch die Show ist beeindruckend. Anfangs ist anstelle der Bühne nur ein schwarzer Kasten zu sehen. Der ist aus LED Wänden gebaut, die sich dann heben und neigen, aber fast immer nur einfärbig leuchten und so als großflächige Scheinwerfer fungieren. Das gibt tolle Effekte.  

Das beste an dem Konzert:14.500 Fans in der fast ausverkauften Halle haben eine ausgelassene Auszeit vom Alltag, zwei freudig verbrachte Stunden. Vielleicht ist das in Zeiten wie diesen wichtiger denn je. Es bleibt aber die Frage, ob Thirty Seconds To Mars mit ihrer belanglosen musikalischen Substanz so weit gekommen wären, wenn Leto kein Hollywoods-Star wäre. Die Chancen, dass er ohne seinen Namen nie einen Plattenvertrag bekommen hätte, stehen gut.

Thirty Seconds to Mars, Konzert

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