Theatergagen "unter der Schamgrenze"

Ein Mann mit Mikrofon gestikuliert auf einer Bühne.
Theater und Schauspieler kämpfen mit Anstellungskosten, kleinen Produktionsbudgets und Sozialversicherungsaufwand.

Künstler, so ergab kürzlich eine deutsche Studie, sind glücklicher als der Rest der Bevölkerung. Woran auch immer das liegt – es wird nur in den seltensten Fällen die Freude am Einkommen sein. "Es gibt natürlich auch in unserer Branche Leute, die sehr gut verdienen", sagt Rupert Henning zum KURIER. "Aber auf 90 Prozent trifft das nicht zu. Die leben so, dass ich mich frage, wie sie überleben."

Am Beispiel der freien Theaterszene und der selbstständigen Schauspieler sieht man besonders deutlich, wo es hakt: Viele Schauspieler leben unter prekären finanziellen Bedingungen. Denn die öffentliche Subvention reicht in vielen Fällen nicht aus, um Schauspieler zu guten Bedingungen anzustellen.

Sein Haus stelle nach gesetzlichen Vorgaben an, schildert etwa Garage-X-Leiter Harald Posch im KURIER-Gespräch. "Das heißt, dass da Gehälter rausschauen, die 1400, 1500 Euro brutto im Monat betragen. Das sind vorprogrammierte prekäre Verhältnisse. Man macht Schauspielern, guten Leuten, Angebote, die unter jeder Schamgrenze sind."

Grauzone

Dabei haben es die Angestellten noch besser getroffen – viele kleine Off- Theater-Gruppen "haben nicht einmal die Rechtskörperschaft, um jemanden anzustellen. Das ist eine gesetzliche Grauzone", sagt Posch.

Ernst Kurt Weigel vom bernhard ensemble bestätigt: "Die Theaterreform hat ja eindeutig die Richtung gefordert, alle Künstler entsprechend ins Sozialversicherungsnetz einzubetten, was natürlich in den allerseltensten Fällen passiert ist. Denn für die meisten Bühnen würde es das Aus bedeuten, diese Grauzone zu verlassen." Er könne seine Mitarbeiter nur geringfügig beschäftigen – 370 Euro im Monat für jährlich etwa 50 Vorstellungen und die Proben. Das gebe ihnen "die Möglichkeit, neben ihrer Hauptmeldung beim AMS oder anderen Teilzeit-Arbeitgebern" Theater zu machen.

Versicherung

Ein Mann mit hellen Augen gestikuliert mit der Hand vor seinem Gesicht.

Aber auch die Künstler selbst haben hohen Verwaltungsaufwand. Als "Neue Selbstständige" sind sie pflichtversichert. Oder auch nicht: mindestens 4515 Euro muss man dafür aus künstlerischer Tätigkeit im Jahr verdienen. Das wird für wenig verdienende Künstler zum Problem: oft sind die Einnahmen im Vorhinein unabschätzbar. Und kommt man erst später drauf, dass man doch zur Versicherung verpflichtet gewesen wäre, droht ein "Strafzuschlag" von 9,3 % auf die SVA-Beiträge. Auch zu viel verdienen ist aufwendig: unter 22.575 Euro im Jahr gibt es nämlich Unterstützung aus dem sogenannten Künstlersozialversicherungs-Fonds. Darüber nicht mehr.

Bei der Sozialversicherung "stößt man leicht an seine finanziellen Grenzen, besonders Kollegen, bei denen die Gagen nicht eine gewisse Höhe erreichen, auch nicht erreichen können, weil die Theater nicht in der Lage sind, mehr zu zahlen", sagt Cornelius Obonya. Er selbst ist vom Burgtheater weggegangen, um freier Schau- spieler zu werden. "Ich wusste nicht ganz, was auf mich zukommt", sagt er nun.

Kurz gefasst: "Es ist wahnsinnig kompliziert, unfair und ungeschickt", sagt Henning. "Dass ein Land wie Österreich das zulässt, ist traurig und beschämend und eigentlich inakzeptabel.

Kommentare