„Die Kopien“ im Vestibül: Schaler Rückblick auf die Zeit des Klon-Schafs Dolly
Das Burgtheater kündigt „Die Kopien“ von Caryl Churchill als Thriller an, nennt die Autorin eine der „prägendsten Stimmen der zeitgenössischen englischen Dramatik“ und führt ihre Erfolgsstücke „Top Girls“ über Karrierefrauen in der Thatcher-Ära an. Von ihrer Unterstützung des BDS und ihrem umstrittenen Stück „Seven Jewish Children – a Play for Gaza“ ist keine Rede. Dessen Aufführung an der Universität York nahm der ehemalige Erzbischof von Canterbury zum Anlass, vor Antisemitismus an britischen Unis zu warnen. Das war 2016 und blieb weitgehend unbeachtet, bis Churchill 2022 mit dem Europäischen Dramatiker:innen Preis gekürt werden sollte, der ihr jedoch aberkannt wurde.
Dass ein Theater diese außerkünstlerischen Hintergründe ignoriert, hat jedoch nichts damit zu tun, dass ein Stück als Thriller verkauft wird, das nichts zu sagen hat.
Seltsame Geräusche sollen auf Dimitrij Murashovs verbauter Bühne Horrorstimmung verbreiten, stören aber das Gespräch eines betagten Vaters mit seinem Sohn nur. Nach und nach wird klar, der Sohn ist ein Klon. Der Vater ließ ihn nach dem Tod seiner Frau aus dem Genmaterial seines Erstgeborenen erzeugen. Den gab er weg, um mit dem neuen Kind ein anderes Leben zu führen. Von zwanzig weiteren Kopien wusste der Vater angeblich nichts. Churchill lässt drei Versionen dieses Sohns auftreten, zwei Kopien und das Original. Der Text wirkt wie ein schaler Rückblick auf die Diskussionen über das Klon-Schaf Dolly.
Das Problem ist: Churchill arbeitet keine Gedanken aus. Wenn das Stück mit einem lebensfrohen Klon abbricht, wirkt das so, als hätte sie keine Lust gehabt, weiterzuschreiben. Das einzige Argument für die Aufführung liefern Hans Dieter Knebel und Justus Balamohan Maier. Knebel lässt tief in die Abgründe des Vaters blicken. Er braucht keine großen Gesten. Alles drückt er in seinem Gesicht aus. Wie famos sich Maier in drei verschiedene Typen verwandelt, ist das einzige, was an einen Thriller heranreicht
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