„Ich will nicht diktiert bekommen, was ich zu denken habe“

Als „außerirdisch“ bezeichnet Alison Mosshart, Sängerin des Indierock-Duos The Kills, das Gefühl, auf der Bühne zu stehen. „Wenn das Konzert gut ist, fliege ich durch diese zwei Stunden“, sagt sie. „Nur wenn ich auf die Schnauze falle oder bei der Technik etwas zusammenbricht, reißt es mich aus diesem Rausch. Aber das Gefühl ist mit keinem anderen vergleichbar. Denn der Energieaustausch zwischen Musikern und dem Publikum bringt uns ungeachtet aller Unterschiede, Grenzen und Vorbehalte eng zusammen. Das ist magisch.“
Jedes Konzert ist deshalb speziell für die 46-Jährige, die mit ihrem The-Kills-Partner, dem Briten Jamie Hince, am 13. Juli in der Open-Air-Arena auftritt. In Wien war das Duo schon „ewig lange“ nicht: „Seit der Pandemie ist es viermal teurer geworden, auf Tour zu gehen. Hotels, das Reisen, Equipment-Miete – alles kostet so viel, dass wir dabei nichts verdienen können. Es ist ein Luxus geworden, auf Tour zu gehen.“

Gründeten im Jahr 2000 das Duo The Kills: Alison Mosshart und Jamie Hince.
Obwohl The Kills kürzlich ein paar akustische Aufnahmen der Songs ihres Albums „God Games“ veröffentlicht haben, werden sie in Wien nur die elektrischen Versionen von Fan-Favoriten wie „103“ oder „My Girls My Girls“ spielen. Wenn die beiden schon herkommen, soll es der „Real Deal“ sein.
Den Song „God Games“ will Mosshart nicht kommentieren, denn den Text dazu hat Hince geschrieben. Sie liebt aber den Ausdruck, war sofort dafür, das Album so zu nennen: „Für mich als Atheistin klingt ,God Games‘ irgendwie bedrohlich“, sagt sie. „Aber Gott ist ein Begriff, der für die einen absolut alles und für andere absolut gar nichts bedeutet, der individuell interpretiert wird. Das mag ich, weil ich persönlich will nicht diktiert bekommen, was ich zu fühlen oder zu denken habe. Ich will meine eigenen Gedanken und Gefühle haben – und über die Kunst lernen, mich und das Leben besser zu verstehen.“
Und wenn sie alt ist ...
Ebenfalls fixer Bestandteil der Show ist der Song „New York“, den Mosshart geschrieben hat. Sie liebt die Stadt, hat aber noch nie dort gelebt. „Bevor ich Jamie traf, war ich in Florida“, erklärt sie. „Weil wir 2000 The Kills gegründet haben, bin ich zu ihm nach London gezogen, habe 16 Jahre dort verbracht. Dann habe ich mit Jack White in The Dead Weather gespielt, bin deshalb zu Jack nach Nashville gegangen, wo ich immer noch lebe. Ich würde aber gerne als alte Lady in New York sein. Dort gibt es soviel Kultur, und ich bin immer fasziniert davon, wie fit die alten Damen dort sind, weil sie jeden Tag so viele Meilen zu Fuß gehen.“
Obwohl sich die Bandmitglieder von The Dead Weather kürzlich bei einem Konzert von Queens Of The Stone Age in Cincinnati trafen, ist momentan kein Album geplant. Mosshart sagt, dass sie es geliebt hat, wie schnell und intuitiv die Musik dieser Supergroup entstand, und dass eine Reunion von genau demselben Geist getragen sein müsste. Dazu müssten aber alle gleichzeitig die Zeit finden.
Und Mosshart ist nicht nur mit The Kills ausgelastet, sie arbeitet auch als Künstlerin und Modedesignerin. „In meinem Studio ist auf der einen Seite das Musikequipment und auf der anderen das Zeug fürs Malen. Wenn ich in diese wunderbare Zone der Kreativität eintauche, beginne ich etwa mit dem Musikmachen. Wenn ich da nicht weiterkomme, drehe ich mich um und male, und das gibt mir neue Impulse für die Songs. Der Prozess ist derselbe: Man muss in die wunderbare Zone der Kreativität eintauchen, in der sich Emotionen ungehindert manifestieren können.“
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