Die Welt ist mehr als eine Scheibe

Ein lächelnder Mann mit Bart, Brille und Hut vor dunklem Hintergrund.
Eine Entdeckung wert: Die zwei Bücher des Scheibenwelt-Autors rund um die "Lange Erde".

Die Scheibenwelt muss alleine, beziehungsweise getragen von vier Elefanten, auf dem Rücken einer Schildkröte, also: fast alleine weiter durchs Weltall ziehen.

Das ist schade, aber auch gut so. Kein anderer Autor darf, so ließ die Tochter des im März verstorbenen Terry Pratchett wissen, an der immens erfolgreichen Fantasy-Satireserie weiterschreiben.

"The Shepherd's Crown" aus dem Pratchett-Nachlass wird also das letzte "Scheibenwelt"-Buch bleiben.

Das ist keine Selbstverständlichkeit; Fleming, Blyton, Larsson – sie alle wurden durch neue Autoren ersetzt, die, mit Genehmigung der jeweiligen Familien, neue Bonds, neue "Fünf Freunde" etc. schrieben.

Das bringt viel Geld.

Aber es gibt auch für fanatische Fans vielleicht noch Neues von Pratchett zu entdecken; nicht nur bei der Wiederlektüre der "Scheibenwelt"-Romane. Zwei seiner letzten Werke sind nämlich, im sicheren Windschatten der Erfolgsserie, einem ganz anderen Thema gewidmet, nicht einer anderen Welt, sondern unendlich vielen.

Erweiterung

Das Buchcover von „Die Lange Erde“ von Terry Pratchett und Stephen Baxter.
Buch
Das ist nicht der Pratchett, den man zu kennen meint. Überspringt man diese Lesehürde aber, bieten "Die Lange Erde" und, als zweiter Teil, "Der Lange Krieg" die Gelegenheit für eine ordentliche Horizonterweiterung. Und sind somit doch wieder nah dran an der Scheibenwelt, die ja, mit den Figuren der Fantasy – Zauberern, Hexen und DEM TOD, mit kleinen Göttern und vermeintlich großen Helden – eigentlich über die "echte" Welt Auskunft gibt.

Pratchett machte sich also, gemeinsam mit dem Wissenschaftsautor Stephen Baxter, auf in ein Gedankenexperiment, das nachhaltig Nachdenkstoff bietet. Denn: Was wäre, wenn es neben unserer Erde beliebig viele weitere gäbe, die man noch dazu ohne viel Aufwand besuchen könnte?

Was wäre, wenn ein einfacher Knopfdruck zur nächsten Erde reisen ließe, und weiter, und weiter, zu immer neuen Parallelplaneten?

Viele Menschen, das ist klar, würden abhauen, und schauen, dass sie möglichst weit weg sind von den anderen Idioten. Die Erde – unsere Erde – würde ein recht einsamer Ort werden.

Das Buchcover von „Der Lange Krieg“ von Terry Pratchett und Stephen Baxter mit einem Luftschiff.
Buch
Es gäbe weiters plötzlich keinen Mangel mehr; alle Menschen könnten problemlos von dem leben, was die Natur hergibt. Aussteiger würden Öko-Zivilisationen oder Kommunen gründen, andere würden Raubbau an den neuen Erden betreiben; wieder andere versuchen, aus den unendlichen Welten Profit zu schlagen.

Und natürlich gäbe es Krieg, einen Langen Krieg.

Pratchett und Baxter erzählen das Ende der menschlichen Gemeinschaft, wie wir sie kennen, und den Beginn einer langen Reise für die Menschen, anhand etwas papierener Charaktere, aber mit schöner Anknüpfung an die bekannten Mythen, an Fragen, die sich die Menschheit seit jeher stellt.

Nein, so eine Lesefreude wie die Scheibenwelt ist die Lange Erde nicht. Dennoch: Auch hier vermochte Pratchett letztlich, anscheinend von fernen Welten zu erzählen – und damit aber die allernächste Welt zu erhellen.

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