Tash Sultana ist auf der Suche nach dem synthetischen Glück

Juni 2022: Tash Sultana soll morgen in einer Rooftop-Bar in New York auftreten. Doch es geht ihr nicht gut: „Es war einer der ärgsten Tiefpunkte in meinem Leben“, erzählt die Musikerin, die sich seit Beginn ihrer Karriere dafür einsetzt, Depressionen und Angststörungen zu enttabuisieren. „Ich wollte nur mehr, dass das aufhört, und hatte keine Ahnung, wie ich durch die Nacht kommen sollte.“
Darüber schrieb die Australierin, die bei ihren Shows (fast) immer alle Instrumente selbst spielt und sie mit einer Loop-Station zu einem Bandsound zusammenfügt, den Song „New York“. Der ist Teil einer am 11. August erscheinenden EP, die „Sugar“ heißt und nach der Textzeile „Überzieh mich mit Zucker, nur um mich durch die Nacht zu bringen“ aus dem „New York“-Song benannt ist.
„Wir alle verwenden Zucker, um uns gewisse Dinge zu versüßen“, erzählt Sultana im Interview mit dem KURIER.. „Als EP-Titel ist das eine Metapher für Selbstmedikation, für synthetisches Glück – seien es Medikamente, Alkohol oder Drogen. In ,New York’ hört man das vielleicht nicht. Aber das liegt daran, dass ich auf ,Sugar’ mehr eine Geschichten-Erzählerin bin. Ich schreibe zwar nie Songs, die nichts mit meinem Leben zu tun haben. Aber mit dieser Art, eine Story zu erzählen, wollte ich in eine neue Richtung gehen.“
Vorstellen wird Sultana die Songs von „Sugar“ am 17. Juli, wenn sie erneut in der Wiener Arena einen Tourstopp einlegt.
Ebenfalls im Programm ist dabei der neue Song „James Dean“, bei dem es darum geht, wahre Freunde zu erkennen und sich von jenen zu trennen, die einem nicht guttun.
Das Video für „James Dean“, in dem man Sultana sieht, wie sie Drums, Gitarre Bass und Klavier spielt, birgt eine klare Botschaft: „Meine ganze Karriere lang geht es darum, dass ich alles selbst mache“, sagt sie: „Ich schreibe meine Songs, spiele alle Instrumente, produziere und mache die Technik. Aber die Leute haben das offenbar immer noch nicht verstanden. Einmal wurde ich in einem Interview sogar gefragt: ,Wer ist dein Gitarrist?’ Da konnte ich nur lachen.“
Ständig ist Sultana auf der Suche nach neuen Instrumenten, die sie lernen kann. Aktuell hat es ihr die Klarinette angetan. Und natürlich ist sie damit eine entschiedene Gegnerin von künstlicher Intelligenz.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich das hasse: Da spuckt ein Computer Songs aus, aber wie kannst du dem Computer beibringen, da Gefühle reinzulegen? Gar nicht! Das hat absolut nichts mehr mit Kreativität zu tun. Ich habe viele Freunde in der Unterhaltungsindustrie, die schon jetzt wegen KI ihre Jobs verloren haben. Deshalb macht mir das Angst. Nicht nur in der Musik, sondern allgemein: Wir glauben, wir werden dadurch smarter, aber wir werden nur dümmer. Es kann doch schon jetzt kaum einer mehr Kopfrechnen oder mit der Hand schreiben, weil Maschinen das für uns tun.“
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