Tanzpremiere: Vier Kilometer Stoff? Da hilft nur die Maschine

Von Silvia Kargl
Mit „Inhale Delirium Exhale“ ist der bildenden Künstlerin und Regisseurin Miet Warlop eine erfrischend bunte Performance gelungen, die in Kooperation der Wiener Festwochen mit dem Tanzquartier Wien in der Halle E im MuseumsQuartier erstmals in Österreich gastierte.
Sechs Performerinnen und Performer stellen sich mithilfe von Maschinen der Bewältigung von mehr als vier Kilometern Stoff aus Seide und Kaschmir. Unterstützt werden sie von elektronischen Klangwelten Stephen und David Dewaeles (DEEWEE).

Organe
Die unterschiedlichen Materialien teilt Warlop Körperteilen und Organen zu: Seide steht für den Kopf, Kaschmir für die Haut. Was zunächst wie ein Wettrennen mit den sich ständig bewegenden Stoffbahnen anmutet, entpuppt sich in der einstündigen Performance als ein zeitgenössisches Mensch-Maschinen-Theater, das durchaus an Tanztraditionen anknüpfen kann.
Bereits vor hundert Jahren setzte sich die Wiener Choreografin Gertrud Bodenwieser in „Dämon Maschine“ mit Maschinen auseinander, die noch von Menschen verkörpert wurden. Der Einsatz von Materialien, die Körper ergänzen, war ein zentraler Bestandteil von Oskar Schlemmers wenig später choreografierten Bauhaus-Tänzen. Sie zählen heute zu den Mitbegründern des konzeptuellen Tanzes.
Bis hin zu Warlop geht es jedoch nicht um ein vordergründig attraktives und effektvolles Schau-Theater, in dem die Performer Maschinen und Stoffe bewegen, sondern um die Interaktion mit den Menschen. Sie setzen sich in Warlops Raum und Regie den vier Elementen und Urgewalten aus, verstecken sich hinter Stoffbahnen, und stellen sich in ihrer Erdung zunehmend den auf sie wirkenden Kräften entgegen.

Die Luft und das Atmen spielen bei Warlop Hauptrollen. Eigene Regeln werden aufgestellt und geben ihrem Stück eine Struktur, die nicht zuletzt das Thema Widerstand visualisiert.
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