"Szenen einer Ehe": Wenn das Innerste brutal nach außen gekehrt wird

Der Ehehorror kippt ins Absurde: Elias Eilinghoff offenbart als Johan sein Innerstes
Markus Öhrn inszenierte im Volx Margareten ein Kunstblutbad im Horrorpuppenhaus - nach der TV-Serie von Ingmar Bergmann

Vor etlichen Jahren brachten die Wiener Festwochen eine eindringliche Adaption von Ingmar Bergmans „Szenen einer Ehe“ heraus – mit drei Paaren, die sich als Marianne und Johan gegenseitig verletzen und quälen.

Vor fünf Jahren brachten die Festwochen die äußerst beklemmende Studie von Markus Öhrn über „Häusliche Gewalt“ heraus: Es dauerte nervenzerfetzend lang, bis sich die Aggression des Mannes zu entladen begann. Und nun brachte das Volkstheater in der Nebenspielstätte Volx Margareten eine Kombi heraus: Öhrn, Schwede wie Bergman, inszenierte vier der „Szenen einer Ehe“.

"Szenen einer Ehe": Wenn das Innerste brutal nach außen gekehrt wird

Sie zückt das Messer, er holt das Beil: Bettina Lieder als Marianne

Sicher nicht zufällig trägt Elias Eilinghoff als Johan eine Jacke von Bergson. Denn der mehr als zweieinhalbstündige Abend, der am Donnerstag Premiere hatte, ist zwar intensiv, kommt allerdings nicht an „Häusliche Gewalt“ heran. Unter anderem deshalb, weil das Kammerspiel in ein absurdes Splatter Movie beziehungsweise in die Karikatur von Horror abdriftet. Die kunstblutige Gedärmeausweidung – das Innerste wird plakativ nach außen gekehrt – löst statt Schrecken nur mehr Schmunzeln aus; Paul McCarthy, der im Volkstheater mit einer ähnlich toxischen Beziehungskonstellation gastierte, hätte seine diebische Freude dran.

Die Stilmittel von Öhrn sind die gleichen wie auch im MeToo-Drama „3 Episodes of Life“ (Festwochen 2019): Die Schauspieler tragen Pappmaché-Masken mit riesigen Kulleraugen und wulstigen Lippen; die grell ausgeleuchtete Bühne wirkt wie ein Puppenhaus; es herrscht eine bedeutsame Langsamkeit in den abgezirkelten Bewegungen; und die Stimmen sind bedrohlich verzerrt – im Fall von Bettina Lieder ins Quietschende, im Fall von Elias Eilinghoff ins markerschütternd Tiefe.

Und natürlich nimmt mit jeder Szene, anfangs einbegleitet von „Für Elise“ auf der Spieluhr, die Gewalt zu. Dass Öhrn aus dem Off „Viel Spaß“ wünscht, ist purer Zynismus.

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