Suche nach neuer Leitung: Die angewandte Kunst einer Hausbestellung

INTERVIEW: PETRA SCHAPER RINKEL
Noch im Sommer soll eine Nachfolge für Petra Schaper Rinkel gefunden sein, die im Jänner als Rektorin der Angewandten zurücktrat.

Das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 wurde an der Universität für angewandte Kunst mitunter kleingeredet, umso lauter forderten Studierende mit Unterstützung von Teilen des Lehrkörpers nicht nur ein „Free Palestine“: Sie schüchterten mit Parolen und Gehabe ihre jüdischen Kolleginnen und Kollegen ein. Wache Geister konstatierten ein Klima des wachsenden Antisemitismus – auch an der Akademie der bildenden Künste. Ein Beobachter fasst es folgendermaßen zusammen: „Die Bildende ist schlimm, die Angewandte eine Katastrophe.“

Dass es gerade dort derart heiß herging, hatte vielleicht auch mit der damaligen Rektorin zu tun. Petra Schaper Rinkel habe zwar, heißt es, redlich zu vermitteln und zu kanalisieren versucht, aber sie bekam die Situation nicht in den Griff.

Rückblickend dürfte die deutsche Politikwissenschafterin und Innovationsforscherin, die auf Langzeitrektor Gerald Bast gefolgt war, einfach eine Fehlbesetzung gewesen sein: Schon bald nach ihrem Amtsantritt im Oktober 2023 wurde massiv Kritik laut – unter anderem an ihrem Führungsstil. 15 Monate später, im Jänner 2025, gab sie ihren Rücktritt bekannt. Schaper Rinkel dürfte damit der drohenden Abberufung zuvorgekommen sein.

Maria Zettler, Vizerektorin für Infrastruktur und Ressourcenplanung, übernahm interimistisch. Im März wurde der Posten ausgeschrieben – ab Oktober. Die Bewerbungsfrist endete am 25. April, die Hearings wurden für den 11. bis 13. Juni anberaumt. Die Zahl der Bewerbungen gab die Angewandte nicht bekannt. Tatsache ist, dass man bloß sechs Personen zum Hearing einlud, fünf legten ihre Konzepte dar. Ihr Tratschpartner kennt einige nicht – etwa die Architekturhistorikerin Azra Akšamija, geboren in Sarajewo. Bonaventure Soh Bejeng Ndikung hingegen ist bekannt: Der Chefkurator des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin, geboren in Kamerun, unterzeichnete 2021 einen Brief, der Israel als Kolonialmacht bezeichnete und dem Staat „Apartheid“ vorwarf.

Auf den ersten Blick scheint man ein weiteres Petra-Schaper-Rinkel-Experiment wagen zu wollen: mit jemandem, der keine große Ahnung von der Angewandten hat. Doch falsch: Unter den fünf Personen ist auch Eva-Maria Stadler, geboren 1964 in Graz. Die Kuratorin arbeitet seit Jahren an der Angewandten, ist Vorstand des Instituts für Kunst und Gesellschaft und Professorin für Kunst- und Wissenstransfer.

Es sei eben, hört man, mehr oder weniger Konzept, ein weiteres Petra-Schaper-Rinkel-Experiment zu verunmöglichen. Eva-Maria Stadler, die viele Sympathien genießt, hätte daher auch beim Hearing geglänzt. Bis 14. Juli hat die Findungskommission einen Dreiervorschlag zu unterbreiten, bis 11. August folgt der Dreiervorschlag des Senats an den Universitätsrat. Und der hat für die Entscheidung bis 8. September Zeit. Es wird also zu Semesterbeginn eine Rektorin geben.

Der Ausschreibungsprozess im Jahr 2023 hingegen hat ein Nachspiel: Ein langjähriger Mitarbeiter hatte sich beworben und kam auf den Dreiervorschlag, wurde aber aufgrund seines Geschlechts von der Liste an den Universitätsrat gestrichen. Damit verblieben eben nur mehr Petra Schaper Rinkel und eine Gegenkandidatin. Die Gleichbehandlungskommission gab dem Mann recht, dass er aufgrund seines Geschlechts diskriminiert worden war. Und so brachte der Mann Klage beim Arbeitsgericht ein. Es geht um viel Geld.

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