Subtile Wanderungen durch die Gefühlswelt

Eine Frau in einem weißen Kleid steht auf einer Bühne und betrachtet einen Globus.
Kritik: "Emilie" im Salzburger Landestheater ist ein musikalisch sensibles Psychogramm einer Frau.

Es ist schon ein Kunststück, eine Oper ohne eigentliche Handlung wirkungsvoll zu inszenieren. Bei der österreichischen Erstaufführung der Oper "Emilie" von Kaija Saariaho am Salzburger Landestheater gelingt es Agnessa Nefjodov, dieses Einpersonenstück über die französische Physikerin und Philosophin Émilie de Chatelet trotzdem eindrucksvoll umzusetzen. Obwohl diese 70 Minuten lang nur ihrem Geliebten einen Brief schreibt und über ihre Freundschaft zu Voltaire, die bevorstehende Geburt ihres Mädchens und ihre Todesahnungen räsoniert.

Dafür hat sich Regisseurin Nefjodov von Eva Musil einen suggesitiv beleuchteten, erkletterbaren Bretterberg bauen lassen, die Protagonistin intensiv geführt und ihre Gefühlswelt offen gelegt. Und sie hat sich viele Anregungen vom Text von Amin Maalouf geholt. So huscht Voltaire als Phantom über die Bühne. Es gibt Papierstapel, die sich wie in einem Geisterhaus verselbständigen, oder eine unmotiviert schaukelnde Kinderwiege.

In ihrer dritten Oper zeichnet die finnische Komponistin Saariaho ein musikalisch sensibles Psychogramm dieser Frau. Aus einem subtilen Klanggewebe, von ihr selbst als "Harmonie-Klangfarbe" bezeichnet, entstehen suggestive Spannungen, abwechslungsreich, in einer modernen Tonsprache und starke atmosphärische Wirkungen erzielend.

All dies wird vom Mozarteum Orchester unter dem ungemein exakt agierenden Leo Hussain hochkonzentriert und spannungsgeladen wiedergegeben. Die schottische Mezzsopranistin Allison Cook bewältigt die Anforderungen ihrer Gesangspartie mit Bravour, trotz der extremen Intervalle und des riesigen Umfangs.

Stehende Ovationen für alle, insbesondere für die anwesende Komponistin.

KURIER-Wertung:

INFO: www.salzburger-landestheater.at

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