Stöckl: "Ich hatte schon Schmatzbeschwerden"
Besonders lustig ist die Hartmann-Episode. Auf einen ihm unbekannten und ungenehmen Spiegel -Artikel angesprochen, stürmte der Burgtheater-Direktor aus dem Raum, kehrte mit dem Magazin wieder, musste die Existenz des Artikels zähneknirschend zur Kenntnis nehmen und sagte dann: "Jetzt hab' ich keine Lust mehr." Lothar Matthäus gab auf die Unterstellung, er sei gelernter Bodenleger, pikiert zurück: "Ich habe die Lehre als Raumausstatter gemacht." Und Ben Becker knurrte: "Das war ein ganz falscher Satz, den Sie da gesagt haben."
Ratgeber
So unfreundlich ging es nicht immer zu. Die meisten Begegnungen, die
Claudia Stöckl in ihrem neuen Buch "Frühstück bei mir" beschreibt, stehen im Zeichen jener heimeligen Anschmiegsamkeit, für die Stöckl bekannt ist. 750 Gespräche hat sie in den vergangenen 15 Jahren für das gleichnamige Ö 3 -Format gemacht.
Das Buch zur Sendung, das nun im Ecowin-Verlag erscheint, will mehr sein als eine reine Aneinanderreihung von Interviewpassagen. Eher ein Ratgeber, ein Leitfaden, ein Anstoß zum Nachdenken. Denn auch in ihrer Radiosendung, schreibt Stöckl in der Einleitung, hätte mancher "magische Moment" die Hörer schon dazu gebracht, dass sie "vielleicht einmal die Kaffeemaschine stoppten und die Dusche abdrehten, die Kinder ermahnten leise zu sein. Um besser zu hören, um besser zu verstehen."
Die Kapitel tragen Titel wie "Selbstwert", "Treue" und "Gottesnähe". In den dazugehörigen Texten wird großzügig aus den "Frühstück bei mir"-Interviews zitiert (aus rechtlichen Gründen nie mehr als eine Viertelseite, sonst hätte man die Interviewten noch einmal eigens um Erlaubnis fragen müssen). Nachzulesen sind Hannes Androschs Beichte, er habe ein uneheliches Kind, oder Johanna Maiers Aussagen über die Drogenprobleme ihres Sohnes. Das Pikante, das Geständnishafte gehört zu "Frühstück bei mir" genau so wie die Innigkeit.
Von der Seele reden
Viele Gesprächspartner, glaubt Stöckl, seien froh, sich gewisse Dinge von der Seele reden zu können. Interventionen vor der Ausstrahlung - "Könnte man diese oder jene Passage herausnehmen?" - wird nach Absprache mit den Senderchefs stattgegeben. Ansonsten gilt: was liegt, pickt. Was mitunter schon zu unterschiedlichen Auffassungen über den Gesprächsverlauf führen kann. Wolfgang Ambros beschwerte sich jüngst darüber, dass seine Ausführungen zu Rainhard Fendrich verkürzt wiedergegeben worden seien.
Wie auch immer. Die meisten Promis kommen wieder und immer wieder. Androsch gab nach seiner Vaterschaftsbeichte noch ein intimes Interview, und Niki Lauda ist heute (9 Uhr, Ö 3 ) schon zum sechsten Mal zu Gast. Das große Publikum - jeden Sonntag hört etwa eine Million zu - lässt die eine oder andere Verstimmung wohl etwas schneller in Vergessenheit geraten.
Dass Gäste die Sendung auch als Werbeplattform verwenden, ist Stöckl "natürlich bewusst. Wir achten darauf, dass wir reine PR-Passagen herausnehmen." Die ersten paar Minuten wird über den Anlass des Gesprächs - die neue CD, der Verkauf der Fluglinie - geplaudert, dann wird's persönlich. Wer dazu nicht bereit ist, wird nicht eingeladen. Und wer glaubt, sich quasi im Vorbeigehen eine kleine Imagepolitur abholen zu können, kann auch auf die Nase fallen. Kanzler Faymanns Weigerung, das Wort "Mindestsicherung" ins Englische zu übersetzen, ließ breit diskutierte Zweifel an seinen Fremdsprachenkenntnissen
aufkommen.
Liebe
Gute Vorbereitung und Liebe zu den Menschen nennt Stöckl als ihre Erfolgsrezepte. "Ich versuche, mich jedem kritisch zu nähern und mich nicht einlullen zu lassen. Die Wahrheit zu hinterfragen, die mir präsentiert wird." Wenn es in einem Gespräch zu Konfliktsituationen kommt, werden sie wiedergegeben. Möglichst echt, möglichst nah dran an der Wirklichkeit will "
Frühstück bei mir" sein.
Was aber, wenn die Wirklichkeit nicht wirklich ist? Wie auch u.a. der KURIER ging Stöckl der angeblichen Vettel-Betreuerin Marlene Krenn auf den Leim. Sie lacht ein bisschen hilflos. "So etwas ist mir überhaupt noch nie passiert." Aber: Die Tipps, die Mentaltrainerin Krenn in der Sendung gab, seien beim Publikum sehr gut angekommen.
Garantiert echt ist bei "Frühstück bei mir" das Geklirre und Geklapper im Hintergrund. "Egal zu welcher Tageszeit das Interview stattfindet, gefrühstückt wird immer," sagt Stöckl. "Die Geräuschkulisse ist ganz wichtig. Nur wenn allzu viel geschmatzt wird, versuche ich das rauszuschneiden. Ich hatte schon Schmatzbeschwerden."
INFO: Stöckl liest aus ihrem Buch. Am 15.11 in der Klagenfurter Buchhandlung Heyn (19.30 Uhr), am 16.11. in der Stadtbibliothek Salzburg (18.30 Uhr), am 21.11 im Thalia Wien 3
(19 Uhr) und am 28.11 in der Buchhandlung Tyrolia Innsbruck (19 Uhr.)
Claudia Stöckl: 750 Interviews in 15 Jahren
Zur Person: Claudia Stöckl (*1966) studierte in Wien Publizistik, arbeitet als Model in Paris und begann 1992 als Gesellschaftsreporterin bei Ö3. Seit 1997 gestaltet sie die Sendung "Frühstück bei mir". Privat setzt sie sich für Straßenkinder in Indien ein.
Zum Buch: "Frühstück bei mir" - Besondere Begegnungen" (19.95 €, Ecowin-Verlag) versammelt in Kapiteln wie "Veränderung", "Sex" oder Selbstwert" die besten Passagen aus den 750 Interviews, die Stöckl im Rahmen der Ö3-Sendung schon gemacht hat. Dazu kommen Kochrezepte (z.B. Sarkissowas Blinis) und Buchtipps.
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