Beide Stücke sind in den 1980er Jahren entstanden und Erstaufführungen beim Wiener Staatsballett. Ohad Naharin ist einer der prägenden Choreografen der kreativen Tanzszene in Israel, sein Stil basiert neben Ballett auch auf dem Modern Dance Martha Grahams und nicht zuletzt auf Ausdruckstanz, wie ihn die 1935 nach Israel emigrierte Wienerin und Wiesenthal-Schülerin Gertrud Kraus in Israel unterrichtete. In Naharins Tanz ist eine berührende Freiheit im Umgang mit der Bewegung zu spüren.
„Tabula Rasa“ ist folgerichtig ein „ungeschriebenes Blatt“, in dem aus der gleichnamigen Komposition Arvo Pärts, einem Doppelkonzert für zwei Violinen, Streichorchester und präpariertem Klavier, verschiedene Situationen des Lebens vermittelt werden.
Fünf Paare tanzen diese Szenen, deren Spektrum von Liebe bis zum Tod reicht, ausgezeichnet im Zusammenwirken dem Orchester der Wiener Staatsoper unter dem Hausdebütanten am Dirigentenpult Christoph Koncz. Oft belässt Naharin die Virtuosität den beiden Soloviolinen, bei den hervorragenden Solisten Yamen Saadi und Raimund Lissy, während die Tänzerinnen und Tänzer in gekonnter Schlichtheit mit ausdrucksstarken Körpern dazu Bilder schaffen.
Legendäre Komposition
An eine Komposition, die für ihren eigenen, weltumspannenden Kosmos geradezu legendär ist, hat sich Heinz Spoerli 1983 gewagt. Der Mut, Johann Sebastian Bachs „Goldberg-Variationen“ für Klavier zu choreografieren, wurde belohnt. Spoerli ist eine höchst attraktive wie musikalische Auseinandersetzung mit den Variationen gelungen, die puren Tanz in vielen bunten Facetten zeigt. Ähnlich wie bei Naharin ist seine Choreografie nur auf den ersten Blick abstrakt. Allein durch das Aufeinandertreffen von Tänzerinnen und Tänzer entstehen kleine Geschichten.
Das Spektrum reicht von großen Gruppenszenen bis zu Soli und Pas de deux, die Höhepunkte in Spoerlis Schaffen sind. Der Pianist William Youn schafft dazu den Spagat von der großen Herausforderung der Interpretation zu einem Zusammenwirken aus dem Orchestergraben mit den Tänzerinnen und Tänzern, die auch in diesem Stück gute Figur machen. Olga Esina, Liudmila Konovalova, Davide Dato, Masayu Kimoto und viele andere brillieren in den teils virtuosen Variationen.
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