"Southpaw": Boxweltmeister der Schicksalsschläge

Beinahe hätte Eminem die Rolle übernommen. Doch dann konzentrierte er sich lieber auf den Soundtrack. So schlug Jake Gyllenhaals große Stunde: Gut möglich, dass er für seine Totalverwandlung in einen austrainierten Preisboxer in Antoine Fuquas hochpoliertem Drama eine Oscar-Nominierung erhält.
Gyllenhaal als Billy Hope, Weltmeister im Halbschwergewicht, schwitzt, keucht, weint, knirscht mit den Zähnen und spuckt Blut, dass es eine Freude ist. Zumeist in Großaufnahmen oder gleich in Zeitlupe, damit man ihn besser sehen kann. Das Überwältigungskino von Fuqua, Regisseur von Kalibern wie "Training Day", hält sich nicht mit Subtilitäten auf.
Es beginnt damit, dass Billy Hope gerade erfolgreich seinen Titel verteidigt – und man weiß von Sekunde Null an, wie es weiter geht: Auf den Höhepunkt folgt der tiefe Fall, danach das große Comeback. Alt bewährtes Strickmuster, dem der Regisseur nicht viel hinzuzufügen hat.
Außer vielleicht, dass er es mit dem "tiefen Fall" etwas übertreibt. Eine geschlagene Stunde lang prasseln die Schicksalsschläge auf Billy hernieder wie auf das Haupt von Hiob. Gott muss sehr böse auf ihn sein. Oder Fuqua nicht übermäßig einfallsreich, was Dramaturgie betrifft. Mit beispielloser Humorlosigkeit tigert sich Fuqua durch die Tiefen seiner holzschnittartigen Tragödie, deren Ausmaß an Sadismus grenzt – und ehrlich ermüdet. Gerade noch war Billy Boxweltmeister, schon findet er sich als Kloputzer wieder.
Gyllenhaal hat sich mächtig angestrengt, um seinen Körper auf das Format eines Preisboxer aufzupimpen. Die Schwerarbeit sieht man ihm an. Und ringt – wenn schon nicht Begeisterung, so doch Bewunderung ab. Auch die Boxer-Szenen entfalten eine sogartige Dynamik, mit einer Kamera, die sich mitten in den Kampf stürzt. Für schöne, berührende Momente sorgt Forest Whitacker als Boxtrainer, der Billy aus seinem Tief hilft. Auch er ein klarer Anwärter für einen Oscar – als bester Nebendarsteller.
Info: Southpaw. USA 2015. 124 Min. Von Antoine Fuqua. Mit Jake Gyllenhaal, Rachel McAdams, F. Whitacker.
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