KURIER: Was hat Sie gereizt, bei diesem Film mitzumachen? War es das Thema oder der Regisseur François Ozon?
Sophie Marceau: Für mich ist das Vertrauen in einen Regisseur das Wichtigste. Ozon und ich wollten schon seit längerer Zeit miteinander arbeiten, aber die zwei Rollen, die er mir bisher angeboten hatte, habe ich mir nicht zugetraut. Als er mir dieses Drehbuch zuschickte, wusste ich gleich, dass ich das machen will. Mir hat der trockene Umgang mit einem so gefühlstiefen Thema fasziniert.
Haben Sie zu den Themen Tod und Sterbehilfe eine persönliche Beziehung?
Als meine Eltern starben, dachte ich sehr intensiv über den Tod nach. Ich war am Boden zerstört. Und natürlich kommt einem in solchen Momenten in den Sinn, dass man auch selbst sterblich ist. Doch dann wurde mir klar: Ich will nicht, dass meine Kinder traurig sind, wenn ich einmal nicht mehr da bin. Der Gedanke an ihre Tränen würde mich verrückt machen. Daher habe ich mich mit meinem Tod, der irgendwann kommen wird, bereits auseinandergesetzt und das hat mir auch geholfen, mit dem Tod meiner Eltern fertigzuwerden.
Und welche Gedanken hatten Sie als Sie sich bei den Dreharbeiten zu diesem Film mit dem Todeswunsch des Vaters auseinandersetzen mussten?
Dieser Mensch möchte sterben, weil er das Leben liebt. Das ist das ganze Paradox des Films. Es ist diese Liebe zum Leben, es nicht genießen zu können, die ihm den Wunsch gibt, in Würde sterben zu wollen. Ich denke, dass man das respektieren soll. Ob ich das im Ernstfall könnte, weiß ich nicht. Im Film führt dieser Wunsch zu einem regelrechten Tsunami an Gefühlen. Die besondere Erkenntnis für mich war, dass Trauer, Tränen und Lachen einander nicht ausschließen.
Wie haben Sie sich als Schauspielerin auf diese Rolle vorbereitet?
Für mich war es immer wichtig, andere Menschen zu beobachten, mit ihnen zu reden – auch mit anfangs fremden Menschen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – aber für mich ist das Alter eine Bereicherung. Zumindest was die vielen Menschen betrifft, die man im Laufe eines doch schon längeren Lebens trifft (lacht). Meine Familie – und dazu zähle ich auch meine Freunde – wird immer größer – und bei jeder Rolle, die ich angeboten bekomme, fällt mir eines meiner „Familienmitglieder“ als Vorbild ein. Ohne diesen Zugang zu anderen Menschen müsste man immer nur sich selbst spielen und das wäre langweilig. Die Art, wie Sie gerade die Augenbrauen hochziehen, während Sie mir zuhören, werde ich mir auch für eine meiner nächsten Rollen merken (lacht).
Haben Sie sich auf Ihre Rolle im James Bond Film „Die Welt ist nicht genug“ (1999, Anm.) auch schon auf diese Weise vorbereitet?
Nach welchen Vorbildern haben Sie sich da orientiert? Der Bond-Film hat mich interessiert, weil ich vorher noch nie eine böse Rolle spielen durfte. Um das Böse in einem Menschen darzustellen, suche ich keine Vorbilder, weil ich die gar nicht kennenlernen will. Und ich suche auch nicht in mir selbst nach den viel zitierten „Abgründen der Seele“. Von denen will ich gar nicht wissen. Außerdem brauchen und wollen die Typen in Bond-Filme gar keine realen Vorbilder. Es war ganz einfach ein Spaß, einmal dabei gewesen zu sein.
Spielen Sie mit zunehmendem Alter lieber realistische Rollen wie jetzt in „Alles ist gut gegangen“ von François Ozon?
Filme, die etwas zu sagen haben, sind für mich wichtig. Denn die können auch mich bereichern – und das meine ich ideell und nicht finanziell (lacht). Aber andererseits – was ist in einem Film schon realistisch? Meine Tochter sagte mir, nachdem sie „Alles ist gut gegangen“ gesehen hatte: „Mami, der Anfang wirkt auf mich sehr unglaubwürdig!“ Und als ich fragte: „Wieso?“, meinte sie: „Ich hab’ dich noch nie in einer U-Bahn gesehen.“
Von Gabriele Flossmann
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