Fotos der Gewalt
Mit nacktem Oberkörper steht Shane vor seiner Frau Maggie, die Hand erhoben und die Muskeln angespannt. Die zweijährige Tochter Memphis steht daneben. Memphis schaut ihre Mutter und den Stiefvater an. Shane schreit. Schlägt zu. Szenen, die es überall auf der Welt gibt. Szenen, bei denen die meisten Menschen lieber wegschauen. Nicht so Sara Lewkowicz. Die 31-jährige Fotografin begleitete die Familie mehrere Monate und wurde zu einer stillen Beobachterin.
Dabei ist die Serie "Shane und Maggie" entstanden. Eine Serie über häusliche Gewalt, mit der sie die Jury des renommierten Fotopreises von Sony überzeugen konnte und den L’Iris d’Or Award bekommt. Eigentlich wollte sie die Geschichte eines rückfälligen Straftäters in ihren Bildern festhalten. Shane, damals 31 Jahre alt, war der passende Kandidat. Den Großteil seines Lebens verbrachte er im Gefängnis, Gewalt war für ihn ständig eine Option. Auch gegenüber seiner Familie.
Gewinnerfotos aller Kategorien
"Die Leute betrachten die Fotos und fühlen sich hilflos, weil sie eine schreckliche Sache sehen", zitiert Spiegel Online die Fotografin: "Häusliche Gewalt ist kein Problem von Frauen, sondern ein Problem von Menschen - und es ist kein privates Problem, es ist jedermanns Problem." Nachdem die Serie veröffentlicht worden war, habe sie etwa hundert Briefe und Mails von Opfern und Zeugen häuslicher Gewalt erhalten und die meisten sagten: "Indem du Maggies Geschichte erzählt hast, hast du meine Geschichte erzählt."
Dass die Fotoserie die Menschen bewegt, zeigt die Auszeichnung als "Foto des Jahres" bei den Sony World Photography Awards - Lewkowicz setzte sich gegen 139.554 Einsendungen aus 166 Ländern durch. Bereits im Februar war sie bei der World Press Photo-Auswahl in der Kategorie " siegreich.
Sony World Photography Award
Der Sony World Photography Award gehört zu den größten Preisen seiner Art. 139.554 Fotos (Rekord) aus 166 Ländern wurden für die diesjährige Verleihung eingereicht – mehr als je zuvor. Eine unüberschaubare Menge, von der Anfang Februar eine Shortlist für die Verleihung am 30. April in London veröffentlicht wurde. Der Hauptgewinn beträgt 25.000 Dollar, in den einzelnen Rubriken dürfen sich die Gewinner über die neueste Fototechnik von Sony freuen.
National Award
Bereits im März wurden die Gewinner des Nationalen Wettbewerbs bekanntgegeben. In Österreich durfte sich der in Wien lebende Fotograf Christian Stangl über die Auszeichnung freuen. Mit seinem Bild einer alten Straßenbahn, die für Sonderfahrten genutzt wird, überzeugte er die Jury. Auf Platz 2 landete Günter Nindl noch vor Torsten Muehlbacher.
Stangl wurde 1978 in Niederösterreich geboren und lebt seit 13 Jahren in der Bundeshauptstadt. Seit 1996 arbeitet er unter anderem für den ORF und produzierte als Motiondesigner die Eröffnungssequenzen verschiedener Formate, wie zum Beispiel "Wahlfahrt", "Weltjournal" oder dem "ZiB Magazin". Bereits im vergangenen Jahr war er im Finale der Sony World Photography Awards.
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