Slash im Interview: "Die Mädls kugeln immer noch überall rum"

Slash im Interview: "Die Mädls kugeln immer noch überall rum"
Der Guns-N’-Roses-Gitarrist spricht über sein Solo-Album und das Rockerleben von einst und jetzt.

„Ich habe es satt, über diesen Scheiß zu reden!“ So begegnete Slash kürzlich einem Reporter des Rolling Stone, der Näheres über die Versöhnung zwischen ihm und Guns-N’-Roses-Sänger Axl Rose wissen wollte. Deshalb sind beim KURIER-Interview danach derartige Fragen von vornherein verboten.

2015, nach jahrelangen Streitereien und dem Statement von Rose, er werde „nicht in diesem Leben“ wieder mit Slash auftreten, rauften sich die beiden nach einem Telefongespräch und einem Treffen überraschend wieder zusammen. 2016 traten sie beim Coachella-Festival auf und sind seither wieder zusammen auf Tour.

Aber Slash hat mit der Band Conspirators in den Pausen der Guns-N’-Roses-Tour auch ein Solo-Album aufgenommen. Heute, Freitag, erscheint „Living The Dream“. Darüber will Slash mit dem KURIER reden. Aber auch über sein Leben nach dem Entzug und die enttäuschende Arbeit mit Michael Jackson.

KURIER: Das Album heißt „Living The Dream“. Leben Sie Ihren Traum, weil Sie wieder mit Guns N’ Roses spielen?

Slash: Dabei geht es nicht um mich. ,Living the dream“ ist eine Phrase, die wir sarkastisch verwenden, vor allem in Bezug auf die globalen Ereignisse dieser Zeit. Ich wollte aber kein großartiges politisches Statement machen. Deshalb war diese Phrase ein guter Weg, etwas zu dem zu sagen, was zur Zeit sozial und politisch abgeht.

 

Die Texte der Songs, die Ihr Sänger Myles Kennedy schreibt, muten aber gar nicht politisch an.

Myles liebt es, solche Dinge so in seine Lyrics einzubauen, dass man es nicht merkt. Es gibt Leute im Rock, die sehr gut darin sind, soziale Kommentare zu kommunizieren. Für mich aber ist Rock Eskapismus. Deshalb schreibt Myles die Texte so, dass man das nur zwischen den Zeilen lesen kann.

Die Songs „My Antidote“ und „Call Of The Wild“ klingen wie eine sehnsüchtige Rückschau auf die wilde Zeit von „Sex and Drugs and Rock n’ Roll“ . . .

Vielleicht, das sind sie aber nicht. In „Call Of The Wild“ geht es um die Technologie, wie sie heutzutage alles bestimmt, was wir tun und das menschliche Element mit einem kalten, herzlosen Ansatz ersetzt. Und „My Antidote“ handelt davon wie wir – das klingt schmalzig, aber ich weiß nicht, wie ich es besser formulieren kann – Sklaven der Rock-Musik sind.

 

Was vermissen sie aus der wilden Zeit?

Ich bin jetzt seit 13 Jahren clean und habe nie mehr Drogen genommen oder Alkohol getrunken. Aber ich vermisse das überhaupt nicht. Ich bereue es auch nicht, denn ich hatte jede Menge Spaß dabei. Ich bin da hinein geraten, weil mir zwischen den Konzerten oder den Tourneen langweilig war – es war ein Zeitvertreib. Deshalb war mein Fokus gleich wieder voll bei der Musik, als die Sauferei und die Drogen weg waren. Ich hatte nie das Gefühl, ich kann ohne dem nicht kreativ sein, was den meisten nach dem Entzug passiert. Ich war ja auch davor schon kreativ. Und alles andere, der Rock, die Musik, die Tourneen und die Mädchen, die überall herumkugeln – das ist ja alles immer noch da!

Also vermissen Sie gar nichts?

Wenn ich ganz ehrlich bin, das Einzige was mir gelegentlich abgeht, ist mal ins Pub auf ein schönes, kaltes Guinness zu gehen. Das ist aber das einzige, für das ich einen Anflug von sehnsüchtiger Romantik verspüre.

Dürfen Sie nicht einmal ein alkoholfreies Bier trinken?

Ich bin Alkoholiker und ich glaube, wenn ich einmal mit einem anfange, falle ich um, brauche dann vielleicht 20 richtige Krügerl. Und ich haben ja auch echt viel Glück gehabt. Ich fühle mich gesegnet, dass ich noch da bin. Denn in der wilden Zeit damals hatte ich viele Male jeden Grund und jede Chance, den Löffel abzugeben. Und all das war ja auch mit so viel Exzess verbunden, dass ich so oft nicht wusste, wo ich war und was ich tat. Ich kann mich an so vieles gar nicht mehr erinnern. Heute in der Zeit der sozialen Netzwerke, wo alles sofort an die Öffentlichkeit kommt, will ich so nicht leben. So viele Leute, die ihre Sehnsucht, sich auf Twitter oder Facebook zu präsentieren, nicht kontrollieren können, sagen dann Dinge, die sie später bereuen. Das brauche ich nicht.

 

Slash im Interview: "Die Mädls kugeln immer noch überall rum"

Slash mit seinen Conspirators

„Living The Dream“ hat eine frische, vitale Energie. Kommt die daher, dass Sie das Album live eingespielt haben?

Genau, das ist uns extrem wichtig. Alle reden davon, dass Rock seine Spitzigkeit verloren hat, und bemerken nicht, dass das daran liegt, dass sie diese Aufnahmetechnik anwenden, wo alles am Computer zusammengebastelt wird, die Musiker gar nicht mehr im selben Raum sind und jedes Detail mit Maschinen perfektioniert wird. Dabei lebte Rock immer schon von diesen magischen Momenten, wenn das Zusammenspiel von Gitarrist, Sänger und all den anderen Elementen in einer Art Zusammenwachsen endet und in ein Musikstück hinein explodiert. Die Hörer wissen vielleicht nicht warum, aber sie können das spüren, bekommen Gänsehaut, wollen tanzen oder weinen.

Es hieß damals, Sie seien verärgert gewesen, dass Michael Jackson ihre Riffs für den Song „Black Or White“ zu einem kurzen Loop zusammengeschnitten hat. Ist die Frustration mit dieser Produktionstechnik der Grund dafür?

Ich habe für Michael auf dem Track „Give In To Me“ ein Solo gespielt, das war gut, das haben sie so gelassen. Aber später habe ich noch ein paar Dinge für ihn eingespielt, von denen ich bis heute keine Ahnung habe, auf welchem Song sie im Endeffekt gelandet sind. Da haben sie Loops daraus gemacht, Teile sind hier und dort aufgepoppt. Ich würde nicht notwendigerweise sagen, dass ich deshalb verärgert war – nur ein wenig enttäuscht.

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