Simon Rattle wird Musikdirektor des London Symphony Orchestra

Porträt des irischen Schriftstellers John Banville während einer Rede.
Der bisherige Chefdirigent der Berliner Philharmoniker wechselt im September nach London.

Der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Simon Rattle, übernimmt im September 2017 den Posten des Musikdirektors beim London Symphony Orchestra. "Es fühlt sich an wie eine Heimkehr", sagte der 60-jährige Brite am Dienstag in London. Zwar verlasse er ein Weltklasse-Orchester, "aber ich gehe zu einem Weltklasse-Orchester eines ganz anderen Typs".

Er könne sich für die nächsten Jahre "keine bessere und inspirierendere" Aufgabe vorstellen, betonte der Dirigent. Rattle steht seit 2002 an der Spitze der Berliner Philharmoniker. Vor zwei Jahren hatte er angekündigt, seinen Vertrag, der noch bis 2018 läuft, nicht zu verlängern.

Von Herbst 2017 bis zum Abschied in Berlin werde er in beiden Städten aktiv sein, sagte Rattle. Während der Saison 2017/18 will er neun Wochen in London sein, Berlin habe noch Priorität. Rattle hatte bereits einen berühmten Auftritt mit seinem neuen Orchester: Während der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2012 in London dirigierte er das LSO mit Schauspieler Rowan Atkinson alias "Mr. Bean".

Will weiterhin in Berlin wohnen

Ganz untreu wird Rattle der deutschen Hauptstadt wohl auch danach nicht: Er will mit seiner Familie weiter dort leben. "Ich kann mir gegenwärtig nicht vorstellen, nicht in Berlin zu wohnen", sagte er. Rattle ist mit der tschechischen Mezzo-Sopranistin Magdalena Kozena verheiratet, das Paar hat drei Kinder. Aus seiner ersten Ehe hat Rattle zwei Kinder.

In London will Rattle es sich zur Aufgabe machen, Musik einem breiteren Publikum zu vermitteln. "Wir müssen Evangelisten sein und nicht nur Hohepriester." Über seine Zeit in Berlin sagte er: "Es gab nicht einen einzigen Tag, an dem ich nicht zehn neue Dinge gelernt habe." Es sei faszinierend gewesen, in einer anderen Kultur zu arbeiten. Die Philharmoniker hätten seine Entscheidung "sehr großzügig" angenommen. Sie wählen am 11. Mai einen neuen Chefdirigenten.

Vor mittlerweile elf Tagen stand im KURIER, was am Montag offiziell wurde: Die Berliner Philharmoniker wählen am 11. Mai einen neuen Chefdirigenten.
Heute wurde bestätigt, wohin sich Sir Simon Rattle, der amtierende Chef, künftig begibt: Nämlich zurück nach England, wo er ab September 2017 Musikdirektor des London Symphony Orchestra wird (ein Jahr lang parallel zu seinem Job in Berlin).

Dazu muss man wissen, dass London Symphony (LSO) ein sehr gutes Orchester ist, das sich neben der klassischen Musik auch intensiv um Filmmusik und große Events, wie zuletzt die Eröffnung der Olympischen Spiele, kümmert. Rattle wird Nachfolger von Valery Gergiev, als Erste Gastdirigenten sind Michael Tilson Thomas und Daniel Harding unter Vertrag.

Das ist nicht der allerschlechteste Stall, in dem sich Rattle fürderhin befinden wird. Für einen Chef der Berliner Philharmoniker ist dieser Job aber definitiv ein Abstieg. Aber Rattle hat sich ja auch in Berlin mehr um neue Zugänge, um neue Rezeptionsmöglichkeiten bemüht – leider bei gleichzeitiger Vernachlässigung des bewährten Repertoires (und Publikums). Streng genommen war er in Berlin erfolgreicher als politisch-ideologischer Kopf denn als Dirigent.

Für die Berliner Philharmoniker bietet sich jedenfalls die Chance, mit der Wahl des neuen Chefs wieder verstärkt künstlerische Akzente zu setzen. Coolness kann ja kein Selbstzweck sein.

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