Sigur Rós: Kalt aber hypnotisierend

Matt Bellamy von Muse singt und spielt Gitarre auf der Bühne.
Die isländische Band Sigur Rós schickte am Dienstagabend in der ausverkauften Arena 3000 Wiener auf eine Trance-Reise.

Sigur Rós agieren in einer wunderschönen, aber eigenen Welt. Das geht schon mit der Sprache los: Für unsereins unaussprechbares Isländisch, mit Akzenten und Hieroglyphen, oder gar Volenska, die lautmalerische Fantasiesprache, die Sänger Jónsi Birgisson für ein paar Songs erfunden hat. Und es geht weiter mit der abgekapselten, unkommunikativen Bühnenpräsenz. Birgisson sagt am Dienstag in der Arena kein Wort. Kein "Hallo, Wien", kein "Danke", nicht einmal die Band, die auf dieser Tour durch drei Bläser und drei Streicher verstärkt wird, stellt er vor.

Schroff

Dass Konzerte, die prinzipiell ausgrenzend sind, dennoch einnehmend sein können, bewiesen Sigur Rós aber erneut: Die Isländer stehen auf der Bühne – karg geschmückt mit gelb-weißen Scheinwerfern, die sie von einem Filmset geborgt haben könnten – und spielen ihre Musik. Ja, das ist kalt. Aber trotzdem hypnotisierend.

Denn da sind diese schroffen Geräusche und fremden Sounds, die Birgisson mit dem Geigenbogen aus der E-Gitarre zieht oder hämmert. Da sind die getragenen Stellen mit langen Keyboard- oder Streicher-Tönen und minimalistischen Melodie-Bewegungen, die in Kontrast zu monumentalen, sich aufbäumenden Klangkaskaden mit hackenden Rhythmen gesetzt werden.

Überrollt werden – auf eine gute Art

Und da ist Birgissons Stimme, die sich zerbrechlich darüberlegt und von normalen Männer-Stimmlagen bis in Falsett-Höhen reicht. Dazu kommt die Perfektion, mit der Sigur Rós die vorwiegend älteren Songs darbieten.

Da stimmt alles – vom glasklaren Sound über die Ausführung der versierten Musiker bis hin zur Optik. Denn die exzessiv großen Videoschirme hinter und an den Innenseiten der Bühne werden nur zurückhaltend bespielt. Sie zeigen Rauch oder Sterne, einen Wald oder Wasser, machen also Atmosphäre, kein Theater.

So entsteht ein fremder Kosmos, der zwar keinen Einlass gewährt, aber mächtig abstrahlt. Sigur Rós erzeugen keine alles umspannende Gemeinschaftseuphorie. Sie erzeugen eine stille, individuelle Faszination, schicken ihre Zuhörer auf eine Reise, die vom sanften Oberkörper-Pendeln beim Hit "Svefn-g-englar" zu Beginn bis zum Trance-artigen Mitstampfen beim furiosen "Hafsól" geht. Wie Birgisson selbst sagt: "Die Musik überrollt dich – auf eine gute Art."

 KURIER-Wertung: **** von *****

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