Sie spann die Fäden: Das MAK zeigt die Künstlerin Gertie Fröhlich

Eine Frau mit Hut und Stiefeln trägt ein verziertes, weites Kleid.
Die vielseitige Grafikerin und Malerin wird als zentrale Figur der Wiener Kunstszene der Nachkriegszeit gewürdigt

Von Dominik Volb

Gertie Fröhlich kreierte einige der markantesten Filmplakate  Wiens und war eine Integrationsfigur für die Avantgardeszene der Nachkriegszeit. Mit der Unterstützung von Tochter Marieli Fröhlich widmet ihr nun das Museum für Angewandte Kunst bis 3. März 2024 die Ausstellung „Gertie Fröhlich. Schattenpionierin“. 

1930 in der Slowakei geboren, musste Fröhlich während des Zweiten Weltkriegs mit ihrer Familie nach Oberösterreich auswandern. Später studierte sie Malerei in Wien und arbeitete als Sekretärin und Beraterin für Otto Mauer. Der kunstsinnige Domprediger leitete die Galerie nächst St. Stephan und sammelte Tausende Werke, von der klassischen Moderne bis zur informellen Malerei.  „Ich habe die Galerie nächst St. Stephan nicht gegründet. Ich habe Otto Mauer gemacht“, sagte sie der Forscherin Julia Jarrett. 
 

Der Künstler Lucian Freud und eine Frau stehen vor einem seiner abstrakten Gemälde.

Die Ausstellung beruft sich zur Veranschaulichung von Fröhlichs Bedeutung für die Kunstszene auf dieses Zitat.  Die schriftlichen Beweise, die Fröhlichs Rolle in der Galerie untermauern, sind aber rar –  das sei auch auf die damals stark männerdominierte Kunstwelt zurückzuführen, so Jarrett. 

Heller bis Kubelka
Unbestritten ist  Fröhlichs Rolle als Netzwerkerin. In ihrer Wohnung in der Sonnenfelsgasse 11 fand sich das Who’s Who der Nachkriegsavantgarde wieder, darunter André Heller, Wolfgang Hollegha, Raimund Abraham, Josef Mikl, Peter Kubelka und Christine de Grancy. Da die Türen nach Angaben  der Tochter immer offenstanden, wurde ihr Apartment zum populären Treffpunkt und verwob die Frau tief in die DNA des Wiener Kunstbetriebs. Somit fungierte Gertie Fröhlich trotz beschränkter finanzieller Mittel als Mäzenin. 

Ein Gemälde, das Ariadne mit dem Faden und den Minotaurus vor einem griechischen Tempel zeigt.

Für Andrew Demmer, den Inhaber des gleichnamigen Teehauses, arbeitete Fröhlich als Grafikerin. Sie war für den Namen als auch für das Logo des mittlerweile zum Filialbetrieb herangewachsenen Unternehmens verantwortlich.
In ihrer eigenen  Kunst widmete sich Fröhlich oft  dem Kampf um die Psyche der Frau. Das ausgestellte Gemälde „Ariadne fesselt den Minotaurus“ dient dafür als Paradebeispiel:  Die Prinzessin ist dabei zu sehen, wie sie den Hybriden aus Mensch und Stier allein bezwingt, kein Theseus weit und breit. Das Werk veranschaulicht außerdem, wie Fröhlich  trotz zahlreicher Freundschaften zu zeitgemäßen Kunstschaffenden frei von artistischen Modeerscheinungen ihren Visionen folgte.

Ein Plakat für eine Retrospektive von Luis Buñuel im Österreichischen Filmmuseum, Oktober-November 1983.

Fröhlichs Fabelwesen

In Fröhlichs Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum entstanden neben dessen Logo, dem „Zyphius“, über 100 Plakate, die jahrelang das Wiener Stadtbild prägten. Diesen widmet Kuratorin Kathrin Pokorny-Nagel einen eigenen Raum, der neben den unkonventionellen Herangehensweisen der Grafikdesignerin   ihr künstlerisches Talent aufzeigt. 
Auch Werke fernab der Filmwelt rücken ins Rampenlicht. Von Aquarellen bis hin zu überdimensionalen Wandteppichen – die Bandbreite ihres Schaffens zeichnet das Bild einer emanzipierten Frau, die ihren eigenen Idealen folgte. 
Den Drang zur Unabhängigkeit betont auch Tochter Marieli Fröhlich. Diese stellte der Ausstellung neben dem Zugang zum Nachlass einen Dokumentarfilm zur Verfügung. „Sie hat sich die Freiheit genommen, so zu leben wie die Männer, wie die Künstler. Sie hat sich nirgendwo einordnen lassen und wollte das auch nicht.“ 

Kommentare