"Sex Rex" als pralle, barocke Show

Stephanie Houtzeel (Xerxes), Margareta Klobučar (Romilda), Dshamilja Kaiser (Arsamenes)  
Kritik: Händels "Xerxes" am Grazer Opernhaus in einer grellen Inszenierung von Stefan Herheim.

"Fühl ich die Gluten meines Herzens": Während der Titelheld diese Arie wie ein Showstar singt, wird aus "Xerxes" "Sex Rex", wie uns die großen Leuchtlettern vorführen, während seine Verlobte Amastris mit gespreizten Beinen zuckend am Boden liegt. Vielleicht etwas plakativ, aber doch zutreffend, denn in Georg Friedrich Händels "Xerxes" geht es um Liebe und sexuelle Begierde.

Der Perserkönig ist weniger am Krieg und mehr an amourösen Abenteuern interessiert und hat sich in die Geliebte seines Bruders verliebt. Und so singt er zu Beginn die bekannteste Arie "Ombra mai fu" mit erigiertem Glied, von blökenden Schafen umringt.

Aber Stefan Herheim lässt auch sonst in der völlig überbordenden Inszenierung, die bereits 2012 in Berlin, Bergen und Düsseldorf zu erleben war, am Opernhaus Graz nichts aus. Wenn etwa Atalanta ihre Schwester Romilda umbringen will: Nach Dolch, Pistole und Schlange kommt gar eine Kanone zum Einsatz, die allerdings das Opfer verfehlt und ein Loch in die Bühnenrückwand schießt.

Herheim hat die antike Geschichte in die Entstehungszeit der Oper um 1738 versetzt und nimmt den barocken Opernbetrieb lustvoll aufs Korn. Er hat sich von Heike Scheele ein kitschiges Barocktheater mit Pappmaché-Kulissen auf die Bühne stellen lassen. Agiert wird in völlig überzogenen Kostümen (Gesine Völlm).

Extrem spaßfreudig erweist sich das Ensemble: Stephanie Houtzeel in der Titelrolle feiert eine triumphale Rückkehr ans Haus mit ausdrucksstarkem, saubersten Gesang. Sein Bruder Arsamenes ist Dshamilja Kaiser mit hohem Emotionspegel. Eher kleinstimmig singt Xiaoyi Xu die Amastris. Margareta Klobucar singt die begehrte Romilda mit perfekten Koloraturen. Solide: David McShane (Ariodates). Entzückend: Tajana Miyus (Atalanta).

Eine permanente Lachnummer ist Hagen Matzeit als Diener Elviro, der zwischen Bariton und Countertenor oft nur wortweise changiert. Der Chor singt homogen (Bernhard Schneider).

Mit frischem Wind, aber auch graziler Leichtigkeit leitet der stets befeuernde Spezialist für Alte Musik Konrad Junghänel das stilsicher, vibratofrei und ungemein musikantisch spielende Grazer Philharmonische Orchester im höher gefahrenen Graben. Auch sie werden auf komische Weise immer wieder ins Geschehen eingebunden. Einhelliger Jubel!

(Helmut Christian Mayer)

KURIER-Wertung:

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