Kein Handke
Der Titel mag an Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“ erinnern, aber das täuscht. Yishai hat eine Hommage ans Theater geschrieben. Das ist auch die bestechend erfrischende Inszenierung von Bues, Niko Eleftheriadis und Herzberg, die mit genauer Personenführung einnimmt.
Sechs Figuren formieren einen Körper, der tänzelt und turnt vor einer Felsenwand (Bühne: Shahrzad Rahmani), sie sprechen präzise im Chor, agieren solistisch akkurat. Sie ergründen ihren Beruf, ihr Instrument, den Körper, ihr Verhältnis zur Institution, die ihnen Arbeit gibt, und zum Publikum.
Das Beste aber, sie spielen ein Spiel im Spiel, ohne dass sie das sofort erkennen lassen. Etwa, wenn sie vom Alltag im Theater erzählen, von den Gesprächen in der Kantine, von ihren Albträumen und Existenzängsten. Sind sie dann Schauspieler, die etwas spielen, oder sind sie tatsächlich, was sie spielen? Das Leitungsquartett demonstriert mit dieser glänzenden Produktion, wie Theater heute verstören und betören kann, und das lässt an die Geschichte dieses Hauses in der Porzellangasse 19 denken. Die faszinierendsten Theatermacher haben von hier aus die Wiener Theaterlandschaft geprägt. Auch der Saal ist wieder ganz benützbar und die Bühne dort, wo sie früher war, gegenüber vom Eingang.
Das alles wird in dieser Produktion ideal genützt, wenn im zweiten Teil eine Theateraufführung nachgespielt wird. Eine Schauspielerin nimmt im Publikum Platz, die auf der Bühne den anderen zusieht, wie sie Schauspieler darstellen, die ein Publikum spielen und sich wieder in Schauspieler wandeln. Das Ensemble (Lydia Lehmann, Kaspar Locher, Sophia Löffler, Ursula Reiter, Tamara Semzov, Maximilian Thienen) spielt das fulminant. Im dritten Teil kommt das Theater selbst in einem langen Monolog zu Wort. Ein Haus, das von seinen Gästen träumt, sich vergeblich nach Erneuerung sehnt, immer schneller der Natur anheimfällt und zu einem paradiesischen Kosmos für Mensch und Tier wird. Ursula Reiter spricht das so berührend, so schön. Der denkwürdige Auftakt für eine neue Intendanz wurde zurecht bejubelt.
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