Schaurig-schön: Barockes in Stift Altenburg

Die Dame bekommt das Herz ihres Geliebten in einer Urne überbracht, verfällt dem Wahnsinn und stirbt: Wahrhaft eine "black story", die Peter von Winter 1779 zum Melodram "Lenardo und Blandine" verarbeitet hat.
Die blutrünstige Rarität hat Bernd R. Bienert als ersten Teil seines Teatro-Barocco-Festes in Stift Altenburg bei Horn/NÖ minutiös rekonstruiert und entlang der 160 Kupferstiche des Librettisten J.F. von Goez detailgetreu inszeniert.
Das Stück gehört Kira von Zierotin, deren Blandine von der graziösen Geliebten zur furiengejagten Halluzinierenden wird, die das Herz des getöteten Lenardo für ihren Brautschmuck hält. Ihre Deklamation stellt bewusst das Pathos des Textes zur Schau und steigert sich effektvoll zu Exzessen. Sie gibt der Antiquität Leben und bewahrt sie vor Blutleere.
Bienerts Konzept setzt auf die totale Zeitreise: vom herrlichen Ambiente des Stifts bis zur Farbtemperatur des Lichts ist alles auf Authentizität abgestellt. Mitzubringen ist die Bereitschaft, in die Illusion zu kippen.
Ménage à trois
Das zweite Stück des Abends, Haydns komisches Intermezzo "La Canterina" (1766) ist eine Farce um die Sängerin Gasparina, die es zuwege bringt, die Spendierfreudigkeit zweier Verehrer zugleich anzuzapfen und die beiden auf eine ménage à trois zu programmieren.
Als zartes, puppengesichtiges Luder entzückt Jasmin Reda, apart als Don Ettore Barbara Angermaier mit Allonge-Perücke und Bärtchen, als leicht zu manipulierender Musiklehrer Don Pellagio Peter Widholz mit kräftigem Tenor. Drahtzieherin ist Gasparinas Ziehmutter Appolonia, die das Mädel effizient coacht. Günther Strahlegger gibt ihr Wuchtigkeit in Gestalt und Stimme. Die musikalische Seite betreut Aries Caces umsichtig. Ja, es gibt sie, die Small-is-beautiful-Nischen neben den Mega-Events!
KURIER-Wertung:
Bilder: Sommertheater 2014 in Niederösterreich
Kommentare