Alle Qualitäten voll ausgeschöpft

Die Wiener Philharmoniker brillierten unter Blomstedt mit Bruckners 8. Symphonie.

Es ist nicht unmöglich, dass diesem traumverwirrten Katzenjammer die Zukunft gehört – eine Zukunft, die wir nicht darum beneiden": Diesen resignierenden Schlusssatz schrieb 1892 der gefürchtete Kritiker Eduard Hanslick bei seinem Verriss der triumphalen Uraufführung der zweiten Fassung von Anton Bruckners 8. Symphonie. Und er sollte recht behalten. Denn das Werk zählt heute zu den bedeutendsten Symphonien überhaupt.

In weitausholenden Intervallen und ständigen Steigerungswellen bis zum strahlenden, choralartigen Höhepunkt, mehrfach im breit aufgefächerten Streicherteppich und harfenumspielt auslaufend: Besonders das Adagio ist von anrührender, ja ätherischer Schönheit. Vor allem, wenn es so einzigartig von den Wiener Philharmonikern unter dem 87-jährigen Herbert Blomstedt musiziert wird, wie diesmal bei den Salzburger Festspielen. Auch sonst konnte im ausverkauften Großen Festspielhaus der unprätentiös und auswendig dirigierende Maestro bei dem fast neunzigminütigen Monumentalwerk die Qualitäten der Musiker voll ausschöpfen. In breiten Tempi, alle Phrasen auskostend und mit ungemeinem Farbenreichtum wurden die prunkenden Orchestereffekte und der Hang zur großen Gebärde hervorgehoben.

Das für damalige Verhältnisse radikale harmonische Neuland, jener seltsame Dialog zwischen dem Flüstern und Wispern der Violinen im Scherzo und die großartige Klimax zum Finale, wenn in einem kompositorischen Kraftakt alle vier Themen aller Sätze übereinandergeschichtet werden, wurden phänomenal zelebriert: Eine Kulmination eines symphonischen Lebenswerkes.

KURIER-Wertung:

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