Salzburg: Heimische Moderne für die Welt

Salzburg: Heimische Moderne für die Welt
In Salzburg trifft zu Ostern eine gemüt­liche heimische Moderne auf Stars der inter­nationalen Szene.

Der Motor des Kunstmarkts brummt in China. 41 Prozent der weltweiten Kunst-Umsätze wurden im Vorjahr dort lukriert, der Jubel über den Boom gehört zum Hintergrundrauschen internationaler Messen. In der barocken Salzburger Residenz ist davon wenig zu merken: Bei der VIP-Vernissage war wohl US-Englisch, aber kein Mandarin im Gewirr der Hirschknopf- und Perlenkettenbewehrten Gäste zu vernehmen, die zwischen Klassikern der Moderne, gotischen Skulpturen und edlen Uhren promenierten.

Josef Schütz hat dennoch ein Tor zum Osten aufgestoßen: Am Stand des Wiener Händlers hängt das Bild "Die Öffnung Chinas", in dem kleine, aus roter Ölfarbe modellierte Männchen aus einer vage vaginaförmigen Spalte in der Leinwand zu strömen scheinen. Der Künstler Xiaosong Wang, den Schütz in ganz Europa vertritt, ist ein aufsteigender Stern, er war bei der Biennale Venedig 2011.

Wangs Bild (38.000 €) ist eher ein Nebenprodukt von Schütz’ großer Mission: Der Händler will die österreichische Moderne dem Reich der Mitte schmackhaft machen. Im Oktober des Vorjahres organisierte Schütz in Peking eine Schau des Expressionisten Willy Eisenschitz, die – bei aller Unbekanntheit des Malers – über 130.000 Besucher anzog.

Zurück zum Ursprung

Umgekehrt scheinen Teilnehmer der Salzburger Messe der zeitgenössischen Kunst keine so große Zugkraft zuzuschreiben: Im Programm findet sich deutlich weniger junge Kunst als im Vorjahr, die klassische Moderne samt ihren Vor- und Ausläufern ist stärker präsent. Mit dem fulminanten, seit 1933 nicht öffentlich gezeigten Gemälde eines "Sämanns" von Albin Egger-Lienz (1919) bietet Schütz auch hier eines der Highlights an. Neu unter den Ausstellern sind der für seine exquisiten Spieluhren bekannte "Kunsthandel Kling" aus dem Allgäu und der Frankfurter Händler Achim Hagemeier, der pornografische Bildgeschichten von George Grosz (1940, 55.000 €) im Programm hat.

Für mehr oder minder explizite zeitgenössische Ware lohnt sich ein Besuch der Galerie Ropac am Mirabellplatz, wo der britische Kunststar Marc Quinn riesige Meeresschnecken aus Bronze platziert hat: Mit dem Titel "Der Ursprung der Welt" verweisen sie auf Courbets "L’origine du monde"(1866), das berühmteste Vagina-Gemälde der Kunstgeschichte. Die Botschaft – Quinn malt auch suggestive Orchideen etc. – kommt auch ohne diese Info an, mit Preisen ab 100.000 € (Bilder) und 250.000 € (Skulpturen) sind sowieso nur potente Sammler dabei.

In Ropacs Halle am Stadtrand zeigt Gerwald Rockenschaub ein Kontrastprogramm – ein ruhiges Arrangement monochromer Tafeln, ein Mittelding aus Malerei, Architektur und Installation. Die Galerie Ruzicska ermöglicht schließlich ein ansprechendes Treffen mit Rockenschaubs ästhetischer Verwandtschaft: Mit dem US-Schweizer Olivier Mosset, dem New Yorker Vincent Szarek und dem Deutschen Gerold Miller sind drei Künstler zu sehen, die auf unterschiedliche Weise zur monochrom-polierten Oberfläche gefunden haben. Miller pflegte übrigens bis vor Kurzem Öffnungen in seine Alu-Bilder zu schneiden, in seinen neuen Arbeiten (12.000–36.000 €) ist das Loch verschwunden. Vielleicht nach China.

Salzburg: Jede Menge Kunst zur Osterzeit

Kunstmesse: Art & Antique Residenz, Salzburg: 31. März bis 9. April, Sa., So., Mo . 10–18 Uhr, Di. und Fr. 11– 18 Uhr. Tickets 13 €, ermäßigt 10 € www.artantique-residenz.at

Galerie Ropac: Marc Quinn, "Brave New World", bis 19. 5., Mirabellplatz. Gerwald Rockenschaub, "Embrace Romance Remodeled", Vilniusstraße 13, bis 6. 4. 10–18 Uhr, bis 10. 4. 10–14 Uhr, danach nach Vereinbarung. www.ropac.net

Galerie Ruzicska: Olivier Mosset, Gerold Miller, Vincent Szarek: bis 5. 5., Faistauergasse 12. www.ruzicska.at

Mäzene: Private Sammler prägen Salzburgs Kunstszene

Salzburg: Heimische Moderne für die Welt

Nicht nur zu Festspielzeiten wird Salzburg zur Bühne für wohlhabende Kulturfreunde: Sie hinterlassen auch ihre Spuren, wenn der Rummel vorüber ist. Deutlichstes Zeichen dafür ist derzeit die Skulptur "Affentor" des deutschen Künstlers Jörg Immendorff, die bis Juli vor dem Festspielhaus stehen wird. Das Werk gehört der privaten "Sammlung MAP", die seit 2010 als Dauerleihgabe – vorerst auf 10 Jahre befristet – zum Museum der Moderne (MdM) gehört.

Den Inhabern der rund 400 Objekte wurde Anonymität zugesichert – auch wenn das öffentlich finanzierte Museum die Werke lagert. MdM-Sammlungsleiter Veit Ziegelmaier verteidigt das Arrangement: "Die Werke werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, davon profitiert auch der Besucher." Mäzene seien so oder so der Kritik ausgesetzt, fügt er hinzu: "Wenn einer mit seinem Namen im Mittelpunkt steht, wird ihm Selbstsucht vorgeworfen, wenn er anonym bleiben will, verlangt man Transparenz."

Unzweifelhaft ist, dass die "Sammlung MAP" – sie beinhaltet auch Werke von Anselm Kiefer und Helmut Newton – das MdM-Programm stark prägt.

Im Salzburger Stadtraum hat dagegen die private "Salzburg Foundation" die deutlichsten Spuren hinterlassen. Sie ließ ab 2001 jedes Jahr eine Skulptur aufstellen, 2011 setzte man mit drei Werken heimischer Künstler einen Schlusspunkt und offerierte die Skulpturen der Stadt Salzburg als Geschenk.

"Das Problem liegt nur darin, dass nicht alle Objekte derzeit im Eigentum der Salzburg Foundation sind", erklärt Erich Marx, Direktor des Salzburg Museums, das künftig für die Erhaltung und Vermittlung der Werke sorgen soll. Der deutsche Mäzen und Fabrikant Reinhold Würth soll demnach alle Werke formell erwerben und als Leihgabe zur Verfügung stellen, dem Salzburg Museum wurden jährlich 25.000 € für Pflegearbeiten und Führungsprogramme zugesagt. Bis zum Sommer, so Marx, soll die Zukunft der Skulpturen abgeklärt sein.

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